Rassismus und Musik

Auch in Deutschland soll die Kontrollpflicht der Internet-Provider auf die Verletzung des Urheberrechtes ausgedehnt werden

BERLIN taz ■ Auch in Deutschland ist der Tausch von MP3-Files mit rechtlichen Risiken behaftet. In einem Aufsehen erregenden Urteil hat Ende März das Landgericht München den Internetprovider AOL zu Schadensersatzzahlungen an einen Rechteinhaber verurteilt, der sich gegen ein Tauschforum für MIDI-Files wehrte. Das Urteil dürfte auch auf MP3-Tauschringe anwendbar sein. Die MIDI-Files enthielten Instrumentalversionen von bekannten Musikstücken. Angeboten wurden sie im AOL-„Musik-Soundforum“, wo sie von Nutzern herauf- und heruntergeladen werden konnten. Die Firma Hit Bit Software machte geltend, dass hier auch MIDI-Files, für die sie die Rechte innehat, zum freien Download zur Verfügung standen.

Nach zweijährigem Prozeß gab das Münchener Landgericht der Firma Recht. AOL habe gegen seine Pflichten aus dem Teledienstegesetz verstoßen und sei nun zu Schadensersatz verpflichtet. Die exakte Höhe der Ersatzpflicht wurde in diesem Pilotverfahren noch nicht festgelegt. Auf Überraschung stieß vor allem, dass die Kontrollpflicht der Provider in diesem Urteil auch auf die Verletzung von Urheberrechten ausgedehnt wurde. Der Wortlaut des Gesetzes bezieht sich eigentlich nur auf rechtswidrige „Inhalte“. Gemeint sind dabei Pornografie, Aufstachelung zum Rassenhass und ähnliches. Synthesizer-Musik, dachte AOL, kann nicht rechtswidrig sein.

Wenn das Münchener Urteil Schule macht, müssen Provider nun also auch Urheberrechtsverletzungen in ihren Foren unterbinden. Der rechtswidrige Akt besteht dabei allerdings nur im Upload, nicht im Download. Der einzelne Download-Nutzer macht vom urheberrechtlichen Privileg für „private“ Kopien Gebrauch. Diese sind kostenlos. Im Gegenzug erhalten die Rechteinhaber eine Vergütung aus dem Verkauf von CD-Rohlingen, Kopiergeräten und Audio-Cassetten. Beim Upload sei jedoch „bei sämtlichen Musikstücken im Pop- oder Unterhaltungsbereich“ von einer Urheberrechtsverletzung auszugehen, so das Münchener Gericht.

Da es sich bei den Musik-Dateien um „fremde Inhalte“ handelt, ist ein Provider allerdings nur dann haftbar zu machen, wenn er deren Inhalt kannte. Im Fall von AOL wurden dem Provider auch die Kenntnisse seiner Netz-„Scouts“ angerechnet. Diese sollen den Inhalt der Foren im Auftrag von AOL auf Viren und Copyright-Verletzungen überprüfen und hätten nach Ansicht des Gerichts die Rechtswidrigkeit der Tauschgeschäfte leicht erkennen können. AOL hatte sich dagegen darauf berufen, dass die Scouts nur engagierte Nutzer seien, die „ohne Anspruch auf Bezahlung“ tätig werden.

Der Bundesverband der phonographischen Wirtschaft, der auch schon das Münchner Urteil begrüßte, sieht sich jetzt auch durch die US-Entscheidung bestätigt: „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum“, heißt es in einer Stellungnahme, „der gesetzliche Schutz geistigen Eigentums gilt auch für Bits und Bytes.“      CHRISTIAN RATH