Legendäres Haupt

■ Der vermeintliche Störtebeker-Schädel ist vor allem Publikums-Lockmittel und Symbol

„Sein oder nicht sein?“ Diese Frage schwebt über dem neuesten Exponat der Piraten-Ausstellung im Bremer Übersee-Museum. Der angebliche Totenschädel des gefürchteten Nord- und Ostseepiraten Klaus Störtebeker wurde jetzt – millionenschwer versichert – in der Ausstellung hinter Panzerglas gelagert.

„Natürlich gehen wir nicht wirklich davon aus, dass es sich hierbei um den Schädel Störtebekers handelt“, räumt Ausstellungsmacher Dr. Hartmut Roder ein. „Er ist viel mehr ein Symbol für die damalige Existenz von Piraten in norddeutschen Gewässern.“ Ganz ausschließen möchte er die verlockende Vermutung, einen berühmten Schädel im Hause zu haben, allerdings auch nicht. Denn – möglich wäre es ja. Ein verdächtiges Loch zwischen Stirn- und Scheitelbein legt Zeugnis ab über das makabere Schicksal des einstigen Schädelträgers: Nach damaliger Sitte wurde das Haupt eines Piraten nach der Hinrichtung zur allgemeinen Abschreckung auf einen Pfahl gesteckt. Und auch Seeräuberkapitän Störtebeker kam da nicht drum rum. Der deutsche Freibeuter, der im 14. Jahrhundert sein Unwesen auf den Gewässern von Nord- und Ostsee trieb, wurde wahrscheinlich am 21. Oktober 1400 auf der Hamburger Elbinsel Grasbrook geköpft, sein Kopf anschließend gepfählt.

Als Bauarbeiter 1880 im Schlick der Hamburger Freihäfen auf zwei Schädel mit den aufschlussreichen Löchern stießen, kam sofort die Geschichte des berüchtigten Freibeuters in Erinnerung. „Kopflos“, so die unglaubliche Sage, soll er nach seiner Enthauptung noch fünf Kameraden gerettet haben. Dazu kam es, nachdem der Richter Störtebeker zugesagt hatte, alle Genossen zu begnadigen, an denen er nach der eigenen Hinrichtung noch ohne Kopf vorbeilaufen könnte.

Seit den zwanziger Jahren lagern die beiden Schädel schon im Museum für Hamburger Geschichte – aber bis heute hat sich niemand die Mühe gemacht, ihr genaues Alter zu bestimmen. Erst wenn die Bremer Ausstellung „Piraten. Die Herren der Sieben Meere“ zu Ende geht, werden auch die Rechtsmediziner ein erstes Gutachten über das Alter der Schädel anfertigen. Bis dahin werden, so hofft man im Bremer Übersee-Museum, viele Menschen trotzdem schon mal den Eintritt für die Piratenausstellung bezahlt haben. Silke Katenkamp