Geschätzter Gast

Der ehemalige Waffeninspekteur Scott Ritter kehrt in den Irak zurück – diesmal als Dokumentarfilmer

Einst war er für das irakische Regime der Feind Nummer eins. Jetzt hat ihn Saddam Hussein nach Bagdad eingeladen. Am Samstag will Scott Ritter an den Tigris reisen – als Dokumentarfilmer. Das letzte Mal war er noch als Waffeninspekteur im Irak unterwegs, angestellt bei der Sonderkommission zur Vernichtung irakischer Massenvernichtungsmittel (Unscom).

Ritter hofft, Saddam Hussein, den stellvertretenden Ministerpräsidenten Tarik Asis und Ölminister Amer Raschid interviewen zu können. Außerdem hätten ihm die Iraker versprochen, dass er militärische Einrichtungen filmen darf, die er als Waffeninspekteur nicht zu sehen bekam.

Die Einladung aus Bagdad bedeutet eine erneute merkwürdige Wendung im Leben des inzwischen 38-jährigen US-Amerikaners. Zwölf Jahre diente Ritter bei den US-Marines, erhielt zahlreiche Auszeichnungen und brachte es im Golfkrieg bis zum Captain des Militärischen Geheimdienstes. 1991 heiratete er und quittierte den Dienst. Ritter wechselte zur UNO, die nach dem Ende des Golfkriegs die Beseitigung der Massenvernichtungsmittel im Irak überwachen sollte. Im UN-Auftrag nahm Ritter an über 30 Einsätzen teil, zwölf davon leitete er selbst. Bei den Irakern erwarb er sich dabei den Ruf des „Ledernacken“, der sich nicht an der Nase herumführen ließ. Immer wieder tauchten Ritter und seine Spezialisten an Orten auf, die die irakischen Militärs geheim halten wollten. 1997 verlangte er gar, den Palast Saddam Husseins zu inspizieren. Die Leibgarde des Staatschefs verhinderte das. Den Irakern galt Ritter fortan als Agent der CIA.

Im August 1998 quittierte Ritter den Job. Seine Begründung: Die Unscom ginge zu nachsichtig mit den Irakern um. Seinen Abschied nutzte er, um einen Skandal zu inszenieren. Er verriet, dass die UN-Waffeninspekteure ihre Erkenntnisse an das US-Militär weitergeleitet hätten. US-Regierung und UN-Generalsekretär Kofi Annan mussten dies zugeben.

Als US-amerikanische und britische Kampfflieger im Dezember 1998 im Rahmen der Mission „Wüstenfuchs“ mehrere Tage lang den Irak bombardierten und damit das Ende der Unscom besiegelten, diskreditierte Ritter die Militärs erneu. „Der Irak ist abgerüstet“, sagte er gegenüber der arabischen Tageszeitung al-Hayat, weitere Luftangriffe seien deshalb unnötig.

Im vergangenen Jahr veröffentlichte Ritter dann ein Buch über die US-amerikanische Irak-Politik. „Endgame“ heißt das Werk, in dem sich Ritter, einst als „Rambo“ gescholten, für die Aufhebung des Embargos gegen den Irak ausspricht. Es folgte die Einladung aus Bagdad.

THOMAS DREGER