Weiter geschwommen worden

Die unnötige Veranstaltung Ligapokal hat den üblichen Sieger: Bayern München. 5:1 im Finale gegen Hertha BSC

LEVERKUSEN taz ■ Till, drei Jahre alt, hängt in seinen orangefarbenen Auftriebhilfen im idyllischen südfranzösischen Flüsschen Orbieu und sagt: „Papa, schwimm mich!“ So ähnlich muss sich der Ligapokal gefühlt haben, als er noch Supercup hieß und in öffentlicher Missachtung unterzugehen drohte. Das Gekicke interessierte, mit Verlaub, kein Schwein. Auch nicht in der Provinz, in die die Spiele in der irrigen Annahme verschoben wurden, dass Menschen nach ihnen lechzen, nur weil im Umkreis von fünfzig Kilometern kein Erstligastadion lockt.

Dann gab’s Schwimmhilfen zuhauf: wohlwollende Berichterstattung, wortgewaltige Befürworter, die offizielle Umwidmung in DFB-Ligapokal und den Versuch sportliche Aufwertung durch die Einbeziehung der sechs Ligabesten der Vorsaison und eine heftige Finanzspritze von 7,5 Millionen Mark, die die Vereine gewogener stimmen sollte.

Also spielten sie auch in diesem Sommerloch, bis zwei Übriggebliebene im Endspiel waren. Der Wettbewerb, den niemand braucht, wurde adrett verpackt: als Leistungsschau und Bestandsaufnahme vor dem Saisonstart, als Härtetest und Schaulaufen der Neuen, gar als „Prolog zur Meisterschaft“ (Mayer-Vorfelder) und auch noch als „Sichtung“ (Völler) für die sieche Nationalmannschaft.

Diesmal durften Hertha BSC und der FC Bayern das Endspiel bestreiten, in Leverkusens BayArena, wie im Vorjahr wieder ohne den Hausverein. Lange passierte nicht viel: hier ein Fehlpass, dort ein Kopfball ins Nichts, misslungene Doppelpässe, Torschüsse wie Rückgaben. Es nagte die Erkenntnis, dass Fußballspiele an lauen Sommerpausenabenden etwas zutiefst Masochistisches haben.

Das Spannendste war noch die Erinnerung an die Vorstellung des gemeinsamen Fußballer-Sozialwerks vor dem Spiel zwischen DFB und der Spielergewerkschaft VdV. Diesen innovativen Vorstoß auf Rentensicherung hatte VdV-Aktivensprecher Wolfgang „Teddy“ de Beer „eine große Sache der Solidarität“ genannt. VdV-Präsident und Ex-Profi Florian Gothe lobte die „persönliche Akzeptanz des Verhandlungspartners als kompetenten Mitstreiter bei wichtigen Sozialthemen“ und „Verzicht auf Polarisierungen“.

Später gab es sogar Tore, dreifach durch Alexander Zickler, der in der ersten Halbzeit noch durch das Kunststück aufgefallen war, seinem zum Einwurf schreitenden Mitpieler den Ball per Hinterkopf zuzulupfen. Am Ende stand es 5:1, die Bayern waren zum vierten Mal in Folge Sieger des präsaisonalen Aufgalopps und die Berliner sogar zerknirscht.

Deren Trainer Jürgen Röber sah richtig ermattet aus und blässlich: Die Seinen hätten in der 2. Halbzeit halt „zu weit weg gestanden vom Gegner“. Statt es, möchte man meinen, mit Laufen zu versuchen. Ratlos-Faseliges blieb übrig, von der „Klatsche zum richtigen Zeitpunkt“, von „fehlender Spritzigkeit“ und dem frommen Wunsch, sich zum Saisonstart in München gegen ebendiese Bayern „ganz anders zu präsentieren“.

Die Münchner wiederum sind es zufrieden, weil sie „als Kollektiv stark“ waren und „in der Abwehr gut organisiert“ (Hitzfeld) und es „schon mal gut ist, der Konkurrenz zu zeigen, dass man gut drauf ist“ (Zickler). Alles gut eben, und auch noch 2,5 Millionen Mark reicher. Das Erschütterndste dieses Abends waren allerdings weder das Anschwellen des Münchner Kontostandes noch die Höhe der Niederlage oder die hoffnungslos überfordeten Herthaner, sondern dass der hohe Sieg der Bayern ohne all die Elbers, Sergios, Effenbergs und Lizarazus errungen wurde, sondern mit jungen Männern wie Kai Wiesinger, Owen Hargreaves und Slawomir Wojciechowski, vor denen sich bislang noch niemand gefürchtet hatte.

Viele Tore, und damit war die Welt des Ligapokals wieder in Ordnung: DFB-Ligadirektor Wilfried Straub meinte, „der Wettbewerb hat sich stabilisiert“, weil sich „Unterhaltungswert und Torausbeute dieses Endspiels gut verkaufen lassen“. Auch Till wird’s freuen. Der Ligapokal ist wieder einmal ein bisschen weiter geschwommen worden. Nächstes Jahr geht es sicher weiter. REINER LEINEN