Ein Tag am Grill

■ Zusatzstofffreies Outdoor-Event im Sommerloch: Phife Dawg, Terranova und Be beschallen das Marlboro BBQ am Sonntagnachmittag

Warten auf ihre Rippchen: Die Herren vom Berliner DJ-Trio Terranova.

Zuerst die schlechte Nachricht: Die Sonne können sie nicht kaufen. Und jetzt die gute Nachricht: Die Sonne können sie nicht kaufen. Abgesehen davon scheinen die Marketingkassen bei Philip Morris auch nach den neuesten US-Milliardenklagen noch voll genug zu sein, um solch selbstlose Vergnügungen wie dieses fröhliche „Outdoor-Event“ in die Welt bzw. das Sommerloch zu setzen.

Damit das auch ja niemandem entgeht, wurde das Land großflächig mit roten Plakaten zugeklebt, auf denen sich unter der Szene-Spraak-Überschrift „BBQ“ (sprich Barbeque) verwirrende Informationen ballen: drei zusammengewürfelte Bands und dazu der Hinweis, dass der Rauch dieser Marke 0,9 mg Kondensat und 12 mg Teer enthält.

Die kleinen Ironien sind damit aber längst noch nicht am Ende. Auf der politischen Ebene kämpft der über den Zusatz suchterzeugender Stoffe zum Tabak hinaus immer noch wegen seiner Rechtslastigkeit berüchtigte Konzern mit der Akzeptanz der neuen bunten Jugendkultur. Dementsprechend spielten und spielen auf den regelmäßigen Marlboro-Veranstaltungen auch nicht die Böhsen Onkelz, HR Kunze oder andere Vertreter ethnischer Reinhaltung, sondern ganz US-kosmopolitisch alles, was sich innerhalb der HipHop- bzw. Club-Kultur kaufen lässt.

Geld braucht zum Beispiel Phife Dawg, einziges Mitglied der New School Helden A Tribe Called Quest, das nach dem Split nicht im Major-Kontext untergekommen ist, und dessen deutsches Indie-Label auf diese Weise zu einer vollfinanzierten Pressetour kommt.

Wegen dieser unverhofften Au-thentisierung der Rippchen-Ver-köstigung dockt auch das notorische Berliner DJ-Trio Terranova an. Die, könnten sie es sich aussuchen, würden ihr solides Beat-Handwerk gerne mit einer entsprechend wohlklingenden Herkunft veredeln. Dementsprechend sind sie auch nie weit, wenn die Originale rufen.

Aus der geschmackssicheren Phalanx schert lediglich die einzige Band, die die Grills über alle 14 deutschen Stationen begleitet. Die fünf von Be (wie in Be-astie Boys oder Be-Movie) wollen niemandem Böses und geben sich redlich Mühe, das bekannt weltstädtische Flair ihrer Heimatstadt Hannover auf BBQ/MTV-adäquate Weise auszuformulieren. Dass das fröhliche Durchmischen von Kalifornien, Bristol, Liverpool, Kingston und New York nicht nach Freiheit und Abenteuer, sondern immer noch hauptsächlich nach Leinewasser schmeckt, passt dabei bes-tens zu den Rippchen. Denn die dürften vor ihrem Ende auf Altona-er Grills ja auch nicht durch den Grand Canyon getrieben worden sein. Holger in't Veld

morgen, 14 bis 20 Uhr, Schallwerk (Innenhof), Gasstr. 12. DerEintritt ist frei, aber auch erst ab 18 Jahren gestattet.