Adtranz verkauft

Bombardier zahlt 790 Millionen Euro und wird Weltmarktführer im Schienenfahrzeugbau. DaimlerChrysler bleibt auf Bahnelektronik sitzen

aus FrankfurtKLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Kaum schreibt der Schienenfahrzeughersteller Adtranz keine roten Zahlen mehr, nutzt der Mutterkonzern DaimlerChrysler die Chance, sich von seinem „Sorgenkind“ zu trennen, das in den vergangenen Jahren nur Verluste produzierte und auch ganz offenbar nicht mehr zur „Silberpfeil“-Konzernphilosophie passt. Für 790 Millionen Euro (1,545 Milliarden Mark) geht Adtranz an den kanadischen Schienenfahrzeuggiganten Bombardier. Das gab DaimlerChrysler gestern nach einer Sondersitzung des Adtranz-Aufsichtsrates in Stuttgart bekannt. Dem Verkauf der Firma Adtranz, die auch am Bau der ICE- und der X-2000-Hochgeschwindigkeitszüge beteiligt ist, müssen allerdings noch die Kartellbehörden und der DaimlerChrysler-Aufsichtsrat zustimmen.

Mit Adtranz würde Bombardier mit einem Umsatzvolumen von rund zwölf Milliarden Mark und mit 40.000 Beschäftigten zum Weltmarktführer beim Schienenfahrzeugbau avancieren. Die Aktien von Bombardier jedenfalls stiegen an der Börse von Toronto schon am Donnerstag so rasant an, dass die Börsenaufsicht die Notbremse zog und den Handel kurzfristig aussetzte. DaimlerChrysler kann sich im Kernbereich Verkehr jetzt wieder auf den Automobilbau und auf die Luft- und Raumfahrtindustrie konzentrieren. Doch so ganz wird der deutsch-amerikanische Konzern Adtranz noch nicht los. An der Übernahme der Sparten Signalbau und Bahnelektronik war Bombardier nämlich nicht interessiert. Dafür müsse jetzt ein neuer Käufer gefunden werden, hieß es in Stuttgart. Erster Kandidat sei der französische Elektrokonzern Alstrom.

Seit 1998 gehört Adtranz zu DaimlerChrysler. Die negativen Bilanzen des Unternehmens belasteten die Ergebnisse von DaimlerChrysler von Anfang an. Zwar stieg das Auftragsvolumen kontinuierlich; unter anderem bestellte die Bahn AG 400 Lokomotiven bei Adtranz. Doch teure Akquisitionen, wie etwa die Übernahme der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik AG, verhinderten ein ausgeglichenes Ergebnis bei Adtranz. Dieses Jahr soll erstmals die Gewinnschwelle erreicht werden. Bombardier wird es freuen. Ob sich auch die weltweit 23.000 Beschäftigten von Adtranz, davon 7.000 in Deutschland, freuen können, wird sich erst nach der Bekanntgabe der Übernahmemodalitäten erweisen. Das Auftragsvolumen jedenfalls soll aktuell „enorm“ sein.