Sprengt eure Ketten

■ Die Wallace und Gromit-Macher Nick Park und Peter Lord über ihren ersten langen Film Chicken Run

Berühmt wurden die beiden führenden Köpfe von Aardman Productions mit den drei preisgekrönten Wallace und Gromit-Kurzfilmen A Close Shave (Unter Schafen), A Grand Day Out (Alles Käse) und The Wrong Trousers (Die Techno Hose). Nach dem Riesenerfolg machte Disney den beiden Avancen für einen langen Spielfilm, aber Peter Lord und Nick Park entschieden sich für den neuen Hollywood-Major Dreamworks (u.a. American Beauty und Gladiator) von Steven Spielberg, David Geffen und Ex-Disney-Studiochef Jeffrey Katzenberg. Nach 18 Monaten Dreharbeiten wurde Chicken Run in den USA und vor allem in Großritannien ein Riesenhit. Er spielte bisher über 100 Millionen Dollar ein, bei Herstellungskosten von 42 Millionen Dollar.

taz hamburg: Die Hühnerfarm in Ihrem Film sieht aus wie ein Gefangenenlager und erinnert manchmal sogar an ein KZ ...

Nick Park: Anspielungen auf KZs wollten wir eigentlich vermeiden.

Peter Lord: Wir haben ausschließlich an ein Kriegsgefangenenlager gedacht wie in dem Steve McQueen-Film The Great Escape (Gesprengte Ketten). Wenn man sich den anschaut, mit diesen Holzbaracken, dann sieht es aus wie auf einer Hühnerfarm, auf jeden Fall wie auf einer britischen Hühnerfarm. Diesen Aspekt fanden wir witzig. Es ist weder lustig noch zeugt es für guten Geschmack, einen Film über ein Hühner-KZ zu drehen.

Nick Park: Es ist ja immerhin eine Komödie.

Sie arbeiten mit Stop-Motion, also Einzelbild-Trick, einer sehr aufwendigen Methode der Animation. Was fasziniert Sie so daran?

Nick Park: Bei dieser Form der Animation arbeitet man mit Puppen vor der Kamera. Das ist wie bei einer Live-Performance. Man bewegt die Puppe jedes Mal ein kleines bisschen, und nimmt jede einzelne Bewegung mit nur einem einzelnen Bild auf. Da gibt es kein Zurück, und wenn etwas schief geht, fängt man wieder von vorne an. Dann sind die Figuren ja aus Plastilin, man berührt sie vorsichtig mit den Fingern und kann so Nuancen und kleine Einzelheiten in ihrem Gesichtsausdruck und ihrer Körpersprache schaffen. Dieser Effekt lässt sich mit Computern oder bei gezeichneter Animation fast nicht herstellen.

Peter Lord: Das Publikum spürt unsere Handarbeit. Das ist ein Vorteil. Man sieht die Materialien wie Plastilin, Metall und Holz und weiß, dass es sich um gebaute Kulissen handelt, die man berühren kann.

Animieren Sie auch noch selbst oder beschränkte sich ihr Job auf das Supervising?

Peter Lord: Nein, wir haben die Figuren und Puppen nur kreiert und beim Drehen nicht mehr selber Hand angelegt. Wir mussten unseren Mitarbeitern erklären, um was es bei jeder einzelnen Szene ging. So wie man normalerweise Regie führt. Nur gab es hier 15 verschiedene Sets mit 30 Kameras jeden Tag. Nick und ich sind dann immer von einem Set zum anderen gerannt und haben jeweils gesagt, was zu tun ist.

Wenn Sie persönlich so auf Handarbeit stehen, wie reagierten denn ihre Produktionspartner von Dreamworks, Steven Spielberg und Jeffrey Katzenberg, die doch so an Computer und digitales Kino glauben. Haben die versucht, Sie ein wenig in diese Richtung zu drängen?

Nick Park: Nein, überhaupt nicht. Sie sehen die Stärke von jeder Technik. Sie akzeptierten unsere Arbeitsweise. Sie hatten unsere früheren Erfolge gesehen und wollten da investieren.

Peter Lord: Wenn sie der Meinung wären, das Publikum will nicht mehr Filme in unserem Animationsstil sehen, wären wir weg vom Fenster. Aber bisher läuft alles gut.

Wie stark war Steven Spielberg in dieses Projekt involviert?

Nick Park: Überhaupt nicht. In der ersten Diskussionsrunde, als wir unser Projekt als ein Ausbruchsdrama von Hühnern vorstellten, die aus einem Kriegsgefangenenlager fliehen, reagierte er enthusiastisch. Gesprengte Ketten ist sein Lieblingsfilm, und er hat 300 Hühner. Das war das letzte Mal, dass wir ihn sahen.

Interview: Jörg Taszman

Previews: heute, 20 Uhr + Mittwoch, 9.8., 22.15 Uhr; ab 10.8. tägl. 15.15 Uhr, 19 Uhr, 21 Uhr + 23 Uhr, Abaton