Plus minus Null

■ Der Dokumentarfilm „Ich war ein Zwangsarbeiter“ im B-Movie

Auch wenn der Stiftung mit dem Schlussstrichnamen Erinnerung, Verantwortung und Zukunft noch zwei Milliarden Mark fehlen: Dieser Tage wird den ersten jüdischen Zwangsarbeitern, die nicht nur die „Vernichtung durch Arbeit“ überlebt haben, sondern auch die Gemütlichkeit des deutschen Staates und seiner Unternehmen bei der Frage ihrer Entschädigung, ein Teil des vorenthaltenen Arbeitslohns ausgezahlt. Dass es doch noch dazu kommen konnte, ist auch Rudy Kennedys Verdienst.

Der in London lebende Kennedy hat sich seit 1995 für Zahlungen an die jüdischen Zwangsarbeiter des NS eingesetzt. Kennedy, selbst Überlebender, nahm in dieser Zeit an den Verhandlungen zwischen der deutschen und der US-Regierung teil, besuchte die Aktionärsversammlungen der IG-Farben i. A., traf Historiker und Juristen. Und nicht zuletzt prägte er den Begriff der Sklavenarbeiter mit.

Luke Holland hat Kennedy über mehrere Jahre mit der Kamera begleitet und dessen Kampf dokumentiert. Das B-Movie zeigt an zwei Abenden dieses Monats den Film in seiner vollen Länge.

Es war Hans Mommsen, der bei einer Ausstrahlung des Films durch Arte Kürzungen bewirkt hatte. Auf einem Kongress in London nämlich waren Kennedy und Mommsen aneinander geraten. Von Kennedy auf den Begriff der Sklavenarbeiter angesprochen, protestierte der deutsche Historiker dort zunächst nur. Vor der Tür aber geriet er außer sich. Er beschimpfte Kennedy, verlangte, die Kamera solle abgeschaltet werden und wurde handgreiflich. Man darf annehmen, dass ihm das im Nachhinein peinlich war und nicht etwa die Delegitimierung des Wissens eines Überlebenden: Er habe ja keine Ahnung, warf er Kennedy entgegen, seriöse historische Forschung habe die Fakten längst richtig interpretiert.

Übrigens wollte kürzlich Günter Grass die der Stiftungsinitiative noch fehlenden zwei Milliarden Mark durch eine Spende von zwanzig Mark von jedem Deutschen zusammentreiben, dieser Betrag sei ja nicht mehr als zwei Kinokarten. Der deutsche Schriftsteller war offensichtlich lange nicht im Kino, sonst wüsste er, dass man außer vielleicht im B-Movie für dieses Geld allenfalls einmal Eintritt und eine Tüte Chips erwerben kann. Ansonsten hat Joachim Rohloff in der jungle world alles Notwendige dazu gesagt: Da könne man auch gleich vierzig Mark spenden, das sei schließlich nicht mehr als der nächste Grass.

Christiane Müller-Lobeck

heute und Dienstag, 22.8., 20.30 Uhr, B-Movie