Gläserputzen am Cola-Automaten

Silberkreuzwedeln hilft da auch nicht mehr: „VampirMania“ im Ausstellungsforum wirkt so blutarm wie ihre Exponate

Die Chancen, den gemeinen Vampir in seiner gewohnten Umgebung anzutreffen, schwinden. Die Lebensbedingungen verschlechtern sich zunehmend, und nur noch selten wird etwas zum Schutz der vom Aussterben bedrohten Art getan. Also nutzte ich die Gelegenheit und besuchte die Austellung „VampirMania“.

Im Innern des Ausstellungsforums ist es zunächst einmal dunkel. Die ausgestellten Fledermausexponate, das mittelalterliches Folterwerkzeug und das Schloss von Graf Dracula sind zum Teil nur schemenhaft zu erkennen, im Hintergrund hört man Flügelschlagen, Gewisper und Schreie. Der Weg führt durch Gänge aus schwarzen Vorhängen, die nur durch die beleuchteten Notausgänge und Toilettentüren unterbrochen wurden.

Kurz nach dem mit einer Lichterkette illuminierten Friedhof stürmt ein Vampir mit wehendem Mantel heran. In der Hand ein schickes kleines Handy. Das tragbare Telefon erfordert seine ganze Konzentration: Das kleine Display und die spärliche Beleuchtung machen es ihm offensichtlich schwer, etwas zu erkennen. Weder mein hektisches Wedeln mit dem Silberkreuz, das mir am Eingang zum Schutz ausgehändigt worden war, noch mein ungeschützter Hals können den Vampir für mich interessieren. Trotz der auffälligen Fangzähne wirkt der Vampir mit seiner gerunzelten Stirn unter der Kapuze und seinem konzentrierten Blick auf das Display sehr menschlich. Wortlos verschwindet er im Dunkel.

Später treffe ich ihn dann wieder. Jetzt will er mich zu einem gemeinsamen Erinnerungsfoto zu einem absoluten Schnäppchenpreis überreden. Auf meinen Einwand hin, dass Vampire kein Spiegelbild hätten und auch auf Fotos nicht zu erkennen seien, erklärt mir der Vampir, dass es sich schließlich nicht um eine Spiegelreflexkamera handle. Als ich dennoch ablehne, wendet er sich achselzuckend einem Computerspiel zu.

Einige Meter weiter kann ich das Schlafzimmer des Vampirs besichtigen. Auf dem großen Himmelbett liegen mit roter Seidenbettwäsche bezogene Kissen, dazu ein Schild mit dem dezenten Hinweis, dass das Bett von einem großen Möbelhaus gesponsert sei. Eine junge Frau in einem langen schwarzen Gewand steht an einem Verkaufsstand neben dem Cola-Automaten und poliert versunken Gläser; Vampire lassen sich hier nicht blicken. Wahrscheinlich stehen die irgendwo am Ausgang und lachen sich über die enttäuschten Gesichter der Besucher noch toter, als sie ohnehin schon sind. Wenigstens das vermodert aussehende Ungeheuer am Ausgang springt brüllend aus der Ecke. Pfählen lassen will es sich allerdings nicht.

SUSANNE KATZORKE

„VampirMania. Vampire in Berlin“. Bis 27. August im Ausstellungsforum, Charlottenstraße 75, täglich 10–20 Uhr