Arbeit am Aufstiegstrauma

Der 1. FC Union will in dieser Saison den Aufstieg in die zweite Bundesliga schaffen, den der Verein zuletzt nur knapp verpasste. Das Stadion wird bereits fit gemacht

Der 1. FC Union kurt. Der Verein möchte schöner werden. Zum Beispiel das Stadion: Die „Alte Försterei“ wird zurechtgemacht für höhere Aufgaben. Noch ist man in der Regionalliga. Aber wer weiß. Über den Stehrängen der 18.000 Zuschauer fassenden Arena im Bezirk Köpenick prangt eine große neue Werbefläche, die bereits komplett verkauft ist. Bis Oktober soll die Spielstätte sogar eine Flutlichtanlage erhalten. Die Planung sieht auch die vollständige Überdachung der Haupttribüne vor. Wenn Heiner Bertram die Szenerie betrachtet, huscht ein zufriedenes Lächeln über sein hageres Gesicht. „Wir sind ein erfolgreicher Verein, um dessen professionelle Strukturen uns viele beneiden“, sagt der Präsident.

Das einzige Schönheitsfehler besteht darin, dass große Gegner weiterhin einen Bogen um die „Alte Försterei“ machen werden: In der vergangenen Aufstiegsrunde zur Zweiten Bundesliga hatten die Berliner gegen Osnabrück und Ahlen denkbar knapp das Nachsehen. Der 54-jährige Trainer Georgi Wassiliev, der den Verein zum Meister der Regionalliga Nordost gemacht hatte, war völlig am Boden zerstört.

Union blieb die Qualifikation zur neuen, bundesweit zweigleisigen Regionalliga, wobei die Köpenicker der Nordstaffel zugeteilt wurden. „Immerhin ein halber Aufstieg in eine attraktive Liga“, frohlockt Hauptsponsor Michael Kölmel vom Münchner Filmkonzern „Kinowelt AG“.

Wassiliev kehrte dann doch frischen Mutes aus dem Heimaturlaub in Bulgarien zurück. „Ich persönlich habe das Aufstiegstrauma besiegt.“ Andere mussten länger daran nagen. Etwa Manager Bernd Hofmann. „Es ist besonders bitter für uns, wenn man sieht, welche Provinzklubs aufgestiegen sind“, sagt der diplomierte Sportökonom.

Am 26. August, im DFB-Pokal gegen Zweitligist Rot-Weiß Oberhausen, erhält der DDR-Cupsieger von 1968 eine Kostprobe dessen, was ihm eine Klasse höher entgangen ist. Danach kehrt bei Union wieder der Alltag ein, wenn Lüneburg, Verl, Wilhelmshaven oder die Amateure von Borussia Dortmund anreisen. Für die große Anhängerschaft der Unioner ein richtig hartes Los. Müssen sie doch zu Gunsten der No-Name-Vereine aus „dem Westen“ auf lieb gewonnene Weggefährten zu Zeiten der früheren DDR-Oberliga verzichten, die den Sprung in den Bundesliga-Unterbau nicht schafften oder der Südstaffel angehören. „Die Namen vieler Westvereine in der Regionalliga Nord sagen unseren Fans nichts“, weiß Hofmann, der vorsichtshalber mit bescheidenen 4.500 Besuchern pro Heimspiel rechnet.

Der Regionalliga-Blues soll bald ein Ende haben. „Unser Saisonziel lautet: Wir müssen aufsteigen“, vermeldet Heiner Bertram, ein Bundeswehr-Oberstleutnant der Reserve. Acht neue Spieler wurden verpflichtet, darunter ehemalige Profis wie der frühere Leverkusener Jens Tschiedel, 31, oder der Belgrader Stürmer Bozo Durkovic, 28. Torwart Sven Beuckert, 26, hat sogar ein Angebot des Erstligisten Kaiserslautern ausgeschlagen. Er wollte nicht zu weit weg von seiner Heimat im Erzgebirge.

Für sie alle gilt, was Angreifer Harun Isa, 30, fordert: „Als Profis müssen wir die Niederlagen gegen Osnabrück und Ahlen wegstecken.“ Das gilt auch für Steffen Menze, 30, der in Osnabrück den entscheidenden Elfmeter verschoss. Das kostete seinen Arbeitgeber acht Millionen Mark an entgangenen TV-Honoraren und Sponsorengeldern. Der Pechvogel erhielt einen neuen Dreijahresvertrag. Bei der geglückten Regionalliga-Premiere gegen Lübeck (1:0) erzielte der gebürtige Plauer prompt den Siegtreffer. „Aber einen Elfmeter werde ich in meiner Karriere nie mehr schießen“, gelobt der Schütze im Andenken an seine „Unglückstat“ vom Mai.

JÜRGEN SCHULZ