Auf die Straße getrieben

■ Anwälte und Frauenprojekte kritisieren die Auflösung von „Modellwohnungen

Sicher hätten die Männer gut verdient, sagt Rechtsanwalt Thomas Bliwier, „aber wo ist das Problem?“ Würden die Angeklagten der „Trinitas“-Bande verurteilt, weil sie ausländischen Prostituierten ohne Visum Zimmer vermietet haben, wären künftig Vermieter in Hamburg generell der Gefahr der Kriminalisierung ausgesetzt – was die Frauen auf die Straße zwingen würde. Dabei sei es nicht strafbar, SexarbeiterInnen eine Wohnung zu stellen. Die „Trinitas-Bande“ hat die Staatsanwaltschaft jedoch angeklagt, weil es sich um illegalisierte Frauen handelte und dadurch Beihilfe zum Verstoß gegen das Ausländergesetz geleistet worden sei (taz berichtete). Einen Antrag der Verteidigung, den Prozess einzustellen, lehnte das Landgericht gestern ab.

Die Angeklagten sollen 86 Wohnungen besessen und über ihre Immobilienfirma „Trinitas“ an über 100 Prostituierte vermietet haben. Sie waren im Mai 1999 festgenommen worden. Die Großrazzia mit 730 BeamtInnen bildete den Auftakt zu weiteren Durchsuchungen im Rahmen des „Bekämpfungsprojekt Modellprostitution“.

Das hatte die Polizei 1997 entwickelt. Seither, so die Innenbehörde im Mai, sei die Zahl der Modellwohnungen von rund 900 auf 560 gesunken, die Anzahl ausländischer Sexarbeiterinnen von etwa 2500 auf derzeit rund 1950. Für die Polizei ist das Konzept ein Erfolg.

Für Frauenprojekte, die Kontakt zu migrierten Prostituierten halten, hingegen nicht. Die Auflösung der Wohnungen würde die Frauen auf den Straßenstrich oder in isolierte Wohnungen treiben – und dadurch noch mehr „in die Hände von Leuten, die ihre Situation ausnutzen“, so eine Mitarbeiterin von amnesty for women: Zuhälter und Freier. Vera Sagel von Tampep, einem Präventionsprojekt für migrierte Sexarbeiterinnen, bestätigt, dass durch die Razzien den Frauen „der Arbeitsplatz weggenommen wird“. Hätten vorher in einem Haus beispielsweise 40 Frauen gearbeitet, müssten die nun in einzelnen Privatwohnungen untertauchen. Die Isolation mache sie auch für Streetworkerinnen und Gesundheitsfürsorge schwerer erreichbar.

Dass tatsächlich weniger MigrantInnen als SexarbeiterInnen ihr Geld verdienen, belegen die Zahlen nicht. Bei der „zentralen Beratungsstelle für sexuell übertragbare Erkrankungen“ ist die Zahl von Neumeldungen ausländischer Sexarbeiterinnen gestiegen. „Die Frauen werden schnell ausgetauscht. Durch die Razzien ist die Fluktuation groß“. Und die Gesundheitsprävention schwer: Ständig müssten neue, oft sehr junge Frauen darin geschult werden, sich vor berufsbedingten Krankheiten zu schützen. Elke Spanner