Zivilgesellschaft auf der Probe

In Berlin wird die Debatte um den Rechtsextremismus nicht erst seit dem Anschlag in Düsseldorf geführt, sondern seit den NPD-Aufzügen Anfang des Jahres. Was sind die Ergebnisse, was hat man gelernt? Eine Zwischenbilanz mehrerer Initiativen

Keine Frage: Die Debatte darüber, wie Rechtsextremismus wirksam bekämpft werden kann, wird endlich ernsthaft geführt. Antifa-Gruppen, Grüne, PDS und andere, die in den letzten Jahren wie einsame Rufer gegen rechts auftraten, müssen überrascht feststellen, dass nun auch andere Parteien und Organisationen das Thema aufgreifen. Das ist ein qualitativer Sprung, der nur zu begrüßen ist. Doch nun müssen den Worten auch Taten folgen.

Seit dem Beginn der Debatte sind viele praktische Vorschläge gemacht worden. Repressive Maßnahmen allein werden aber nicht zum Erfolg führen. Entscheidend für das Engagement gegen rechts ist eine breite gesellschaftliche Basis. Und dabei ist ein langer Atem gefragt.

Dass die Umsetzung der Maßnahmen gegen rechts bislang nur schleppend angelaufen ist, ist noch kein Grund zur Sorge. Schließlich sind Schulferien, und in der Sommerpause kommt das politische Leben Berlins traditionell fast völlig zum Erliegen.

Nach der Sommerpause gilt jedoch: Die vielen Initiativen, die großen, berlinweiten und die kleinen, lokalen Bündnisse müssen wieder in Schwung kommen. Sie müssen interessierten Mitstreitern die Möglichkeit bieten, sich dort einzuklinken. Und noch wichtiger: Die Aktiven dürfen nicht unter sich bleiben, sondern müssen den Dialog mit der Bevölkerung und auch die Auseinandersetzung mit rechten Jugendlichen suchen.

Schon beobachten Sozialarbeiter einen unerwünschten Nebeneffekt der Debatte: Rechte Jugendliche genießen es, plötzlich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, und fühlen sich in ihren Auffassungen noch bestätigt. Doch der anfängliche Triumph dürfte schnell in Ernüchterung umschlagen, wenn sie merken, dass sie auf der Straße oder in der S-Bahn nicht mehr ohne Gegenreaktion herumgrölen und herumpöbeln können.

Zivilcourage ist gefragt. Dies will die taz mit ihrer Aktion Z für Zivilcourage unterstützen (siehe Seiten 2 und 3).

Denn das Wichtigste ist, dass die vielen Aktionen und Bündnisse gegen rechts keine Eintagsfliegen bleiben. Schon einmal, Anfang der 90er-Jahre, waren das Entsetzen und die Empörung über Brandanschläge und rassistische Übergriffe groß. Doch nach den ersten Aktionen verebbte das Engagement. Diesmal darf die Zivilgesellschaft nicht wieder nach Hause gehen. WIN

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