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Keinerlei Beschwerden über „Marküs“

Mit seinem neuen Klub FC Liverpool gewinnt Markus Babbel zum Auftakt der Premier League 1:0 gegen Bradford

LIVERPOOL taz ■ Statt Markus Babbel brachte Dietmar Hamann nur ein freundliches Grinsen mit, als er nach dem 1:0-Sieg ihres FC Liverpool über Bradford City am ersten Spieltag der englischen Meisterschaft zum Interview kam. „Markus lässt sich entschuldigen“, sagte Mittelfeldspieler Hamann, und aus dem Grinsen wurde ein volles Lachen, „ihn hat das Spiel ziemlich mitgenommen; er ist so kaputt, er will nicht einmal mehr reden.“

Herzlich willkommen in der Premier League, Markus Babbel. Schonungslos bekam der 51-malige deutsche Nationalspieler, der im Juli von Bayern München nach Liverpool wechselte, bei seinem Debüt die Leidenschaft des englischen Fußballs zu spüren. Die Mannschaften mögen wie Liverpool am Samstag mittlerweile sieben Ausländer in der Startformation aufbieten, aber ein bisschen intensiver, ein wenig schneller als etwa in der Bundesliga geht es in England immer noch zur Sache. Das Wetter tat ein Übriges. Babbel verträgt Hitze nicht gut, dass es in Liverpool so viel regnet, war ein kleines Detail, warum er lieber an den Mersey statt zu Real Madrid wechselte; welche Ironie, dass bei seinem Einstand an der Anfield Road die Temperatur nahe 30 Grad ging.

Dabei erledigte Babbel seine Aufgabe gut – obwohl er auch noch einen besonders laufintensiven Part zugeteilt bekam. Als rechter Außenverteidiger war er gegen Bradford, das nur mit einem Stürmer antrat, fast mehr in der Offensive als defensiv gefordert, ein ständiger Sprinter auf dem Flügel. Zwei, drei Vorlagen fanden Szenenapplaus. „Marküs?“, fragte Liverpools französischer Trainer Gerard Houllier und beschied: „War in Ordnung.“ Dasselbe lässt sich über Hamann und das gesamte Team sagen: Keine Beschwerden.

Doch der Sieg, durch ein Tor des Stürmers Emile Heskey, lässt noch Spielraum für Leistungssteigerungen. Vor zehn Jahren gewann Europas erfolgreichster Klub der Achtziger die Letzte seiner 18 Landesmeisterschaften, die Zeit wäre längst wieder reif, aber ist es auch die Mannschaft? „Wir sind nicht besser als Manchester United“, sagt der schottische Mittelfeldspieler Gary McAllister, „aber nicht immer wird das beste Team Meister.“

In Michael Owen und Heskey hat Liverpool seine populärsten Spieler im Angriff, dabei ist die Defensive die Stärke. In seinem Büro hat Trainer Houllier Videos mit allen Gegentoren auf dem Regal, aber die Sammlung droht auch diese Saison wieder klein zu bleiben, nachdem Liverpool im vergangenen Spieljahr, als es Vierter wurde, die wenigsten Treffer der Liga hinnehmen musste, 30 in 38 Spielen. „Bradford hatte in der zweiten Halbzeit keine einzige Torchance“, sagte Hamann, kam kurz noch einmal ins Zweifeln, „hatten sie doch nicht, oder?“, aber er hatte Recht. „Heutzutage brauchst du in der Zentrale zwei defensive Mittelfeldspieler“, erläutert Trainer Houllier, „die Angriffe müssen hauptsächlich von den Flügelspielern kommen.“

Weshalb er als linken Verteidiger Christian Ziege aufstellen möchte, zu dessen Stärken der Vorwärtsdrang gehört. Doch sieben Wochen nachdem Liverpools Interesse an dem deutschen Nationalspieler publik wurde, hängt der Wechsel vom FC Middlesbrough immer noch in der Schwebe. Liverpool will nur 16 Millionen Mark zahlen, Middlesbrough verlangt mindestens sechs mehr. „Es ist ein Nervenkrieg“, sagt Ziege. Langsam allerdings muss sich Liverpool fragen lassen, ob nicht Kompromissbereitschaft angebracht wäre: die Saison hat begonnen und der FC steht ohne einen erfahrenen linken Verteidiger da, weil Dominic Matteo bereits für 13 Millionen Mark an Leeds United verkauft wurde.

Trainer Houllier verweigerte am Samstag jeden Kommentar zu dem Thema. Er wolle den ersten Sieg genießen, sagte er und öffnete eine Flasche – Mineralwasser. „Mit Kohlensäure“, erklärte er, „wenn wir verlieren, trinke ich stilles Wasser, wenn wir gewinnen das sprudelnde.“ Ein echter Genießer.

RONALD RENG

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