ÜBER 20 MILLIONEN DEUTSCHE WERDEN 2003 NICHT IM INTERNET SEIN
: Das Netz ruft

Wer will schon ins Internet? In diesen virtuellen Kosmos, der nur eine Botschaft kennt: Kaufen! Kaufen! Kaufen! Das Internet, einst Hort wissenschaftlicher und kultureller Auseinandersetzung, ist der Wirtschaft ein willkommener Markt mit riesigem Wachstumspotenzial geworden. Um jeden Kunden wird gekämpft, Milliarden werden investiert. Aber das Internet ist mehr. Es ist das Massenmedium der Zukunft und wird Unternehmen, Medien und die Bürokratie revolutionieren. Wenn 20 Millionen Deutsche im Jahr 2003 noch nicht „drin“ sind, wie eine Studie der Wirtschaftsinitiative D 21 zur Förderung der Informationsgesellschaft feststellt, dann ist das nicht allein ein wirtschaftliches Problem. Es wird die Gesellschaft spalten.

Immer weniger Dienstleistungen lassen sich außerhalb des Internets in Anspruch nehmen. Das fängt bei Banken an, die nach und nach ihre Konten auf Online-Betrieb umstellen und im Gegenzug Filialen schließen. Es endet bei der Finanzbehörde, die in nicht ferner Zukunft die Steuererklärung nur in digitalisierter Form annehmen wird. Wer nicht partizipiert, wird sich fühlen wie jemand, der keine wirtschaftliche Existenz hat.

Das Internet wird darüber hinaus die Basis für eine Neuformulierung demokratischer Spielregeln sein. Meinungsbildung, gesellschaftliche und politische Diskussionen – all das wird zukünftig im Netz stattfinden: Gewählt wird per E-Mail.

Der Anschluss ans Netz allein aber reicht nicht. Ebenso wichtig ist die Kompetenz, mit dem neuen Medium umzugehen. Entscheidend für die Akzeptanz des Internets ist die Weiterentwicklung der Benutzerfreundlichkeit. Der Versuch, als Laie mit einem herkömmlichen Personalcomputer ins Netz zu gehen, gleicht einer Abenteuersafari durch unerforschten Dschungel. Da will der PC nicht, wie das Modem will, und wer weiß schon, was eine IP-Adresse, ein Host oder ein Proxy-Server ist.

Erst wenn solche Hindernisse aus dem Weg geräumt sind, werden alle das Netz nutzen können. Letzlich ist das auch im Sinne einer funktionierenden Zivilgesellschaft, einer funktionierenden Demokratie. THORSTEN DENKLER