Kein Statement von Pinochet

Chiles Exdiktator zeigt sich wieder einmal in der Öffentlichkeit und nimmt an einer Feierstunde für gefallene Militärs teil. Anwälte fordern ein medizinisches Gutachten

BUENOS AIRES taz ■ Ohne Erklärungen abzugeben, hat der Exdiktator Augusto Pinochet am Mittwoch an einer Veranstaltung der nach ihm benannten Stiftung teilgenommen. Mit einem Festakt wurde eine Gedenktafel mit den Namen von 474 Soldaten eingeweiht, die während Pinochets Regime (1973-1990) ums Leben gekommen waren. Darunter der General René Schneider, der von einem rechtsextremen Kommando ermordet wurde, aber auch viele, die während des Putsches am 11. September 1973 ihr Leben verloren. In einer Feierstunde wurde des 23. August 1973 gedacht, des Tags, an dem der sozialistische Präsident Salvador Allende Pinochet zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte machte. Nur wenige Tage später stürzte Pinochet Allende.

Der Exekutivdirektor der Pinochet-Stiftung, Hernán Briones, lobte die Amnestiegesetze, die den Mördern der Diktatur Straffreiheit zusichern. Er forderte die Chilenen auf, die politischen Grenzen zu überwinden. Für Briones haben die Militärs mit dem Putsch gegen Allende nur auf Geheiß der Bevölkerung gehandelt: „Ein großer Sektor des Landes bat die Streitkräfte, die Ordnung wiederherzustellen, und die Unternehmer verlangten, enteignete Firmen zurückzuerhalten“, sagte er und erhob die Putsch-Soldaten und Pinochet in den Rang von Vaterlandsrettern. „Viele vergessen, dass das Land heute in der Misere leben würde, wenn die Armee nicht aktiv geworden wäre.“

Nach 40 Minuten Feierlichkeiten verließ Pinochet die Stiftung. Offensichtlich hat er seine Strategie geändert und will sich öfter in der Öffentlichkeit sehen lassen. Der Presse wurden auch Interviews in Aussicht gestellt. Seit seiner Rückkehr aus London trat er nur drei Mal öffentlich auf: Bei der Beerdigung des ehemaligen Geheimdienstchefs Humberto Gordon und zwei Mal vor seinem Haus, als er ultrarechte Abgeordnete empfing. In seiner Residenz in einem Villenvorort von Santiago schreibt er derweil an seinem zweiten „Brief an die Chilenen“, mit dem er seine Vorwärtsverteidigung forcieren will. Seine Anwälte haben sich darauf verständigt, ein medizinisches Gutachten zu fordern. Wenn ein Gericht Pinochet „Wahnsinn“ attestiert, könnte laut Strafprozessordnung kein Verfahren gegen ihn eröffnet werden. Doch seine Anwälte wollen erreichen, dass die Ärzte zu dem Schluss kommen, der 84-Jährige sei zu gebrechlich, um an einem Verfahren teilnehmen zu können.

INGO MALCHER