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pokalsplitter

Ex-Favoritenschreck

Ein Bundesligist reiste in ein Dorf, das einst böhmische Weber besiedelten und das im Würgegriff friderizianischer Parklandschaften liegt. Der Gast kam, erblickte das satte Grün, den träge und großkotzig dahermurmelnden Gegner und schoss sechsmal ins Tor. Regionalligist SV Babelsberg 03 wollte das eigentlich verhindern, aber das Team machte alles falsch. Bei den Potsdamer Verteidigern wäre jede neurophysikalische und noch so sensible Apparatur an dem Nachweis gescheitert, den klinischen Fußballtod mittels schwungvoller Hirnstromamplituden zu widerlegen. Bei den 3.153 Zuschauern sowieso. „Nun ja“, sagte der Babelsberger Almedin Civa, „hätten wir mehr geblockt, hätten die uns noch mehr lächerlich gemacht.“ Also gnadenlose Offensive und Bochum zu Kontern eingeladen, damit die aus dem Koma erwachen, in das sie nach dem Bayern-Spiel gefallen sind. Die Ruhrpöttler schlugen die Augen auf, und die Welt war schöner als zuvor. Ein Gegner stand auf dem Platz, der noch die Zeitungsausschnitte von der letzten Pokalrunde in der Arschtasche trug und gelegentlich die Überschriften beäugte. Vor einem Jahr hatte Babelsberg Unterhaching sicher und Freiburg fast rausgeworfen. Die Spieler von 03 wärmten sich noch immer in der strahlenden Korona des Favoritenschrecks. Bochums Trainer Ralf Zumdick, den ein paar Claqueure „Kätzchen“ zu heißen wagten, sagte: „Wir fanden’s dann sehr angenehm, als wir gemerkt haben, dass die mitspielen wollten.“ Der dreifache Torschütze Achim Weber fand die vehemente Gegenwehr ebenfalls „ganz angenehm“. Er habe schon mit ein paar Zweikämpfen gerechnet. „Ich bin froh, dass es nicht so war.“ Martino Gatti, Babelsberger Außenstürmer, bemühte sich um eine randständige Interpretation des Kicks: „Wir haben gar nicht so schlecht gespielt, wenn wir so weitermachen, dann . . .“ Wird es langsam Zeit für eine Lobotomie. MARKUS VÖLKER

Weitere Spiele:Union Berlin – Oberhausen 2:0 TeBe – Bielefeld 1:3 TeBe II – Werder Bremen 0:2

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