In Afrikas neuer Mitte

Burundis Staatschef Pierre Buyoya wird von Hutu- und Tutsi-Extremisten gleichermaßen angefeindet

von DOMINIC JOHNSON

Seine Gegner halten ihn für den schlechtesten aller möglichen Präsidenten Burundis, und Gegner hat er viele. Pierre Buyoya, Staatschef des bürgerkriegsgeschüttelten ostafrikanischen Kleinstaats am Tanganjikasee, macht es keinem recht: der traditionell herrschenden Tutsi-Militärelite nicht, der er selber entstammt und der er zu nachgiebig ist; den politischen Führern der Hutu-Mehrheit nicht, weil er Tutsi ist; den Demokratiewächtern Afrikas nicht, weil er per Putsch an die Macht kam; seinen nicht sonderlich demokratischen Kollegen in der Region nicht, weil er das Land trotzdem nicht zur Ruhe bringt.

Buyoya kam am 25. Juli 1996 per Militärputsch an die Macht, nachdem eine gemischte Regierung aus Hutu- und Tutsi-Parteien der Eskalation des Krieges zwischen Tutsi-Militär und Hutu-Rebellen zwei Jahre lang machtlos zugesehen hatte. Sein Putsch sei „die Rettung eines Volkes in Not“, sagte er. Der taz sagte er: „Wir hatten gar keine andere Wahl, um die Situation zu vermeiden, die zu einem Völkermord führt.“ Er verbannte die Parteien vorerst aus dem politischen Leben, versprach, Burundis gewalttätige Armee zu disziplinieren und einen Versöhnungsprozess in Gang zu setzen.

Wahrscheinlich träumte er, den Erfolg seiner vorherigen Präsidentschaft zu wiederholen. 1987 hatte er bereits einmal in einem Putsch die Macht ergriffen und danach die seit der Unabhängigkeit herrschende Tutsi-Militärdiktatur wegreformiert, die in den Jahrzehnten zuvor hunderttausende Hutu getötet hatte. 1993 gab er in freien Wahlen die Macht ab – der bisher einzige Staatschef Ostafrikas, der sich das getraut hat. Seine Tutsi-Freunde rächten sich, indem sie den gewählten Nachfolger Melchior Ndadaye, einen Hutu, vier Monate später ermordeten. Damit stürzten sie Burundi zurück in eine Spirale der Gewalt, die seither erneut hunderttausende Tote gefordert hat und die zu beenden Buyoyas Putsch von 1996 zum Ziel hatte.

Es hat nur zum Teil funktioniert. Zwar mündeten Verhandlungen schon 1998 in einen Waffenstillstand und ein Abkommen zur Wiedereinsetzung des entmachteten Parlaments mit seiner Hutu-Mehrheit. Aber der Krieg ging weiter, denn kompromissbereite Kräfte sowohl auf Hutu- wie auf Tutsi-Seite blieben außen vor – genau wie heute.

Buyoyas stärkstes Argument, an der Macht bleiben zu müssen, lautet: Ohne mich wird alles viel schlimmer. Leider behält er vermutlich Recht. Er sitzt zwischen allen Stühlen, und dies ist seine Stärke. DOMINIC JOHNSON