Repression statt Prävention

In Brandenburg streitet sich die große Koalition um die Mittel im Kampf gegen rechts. Die bundesweit einzigartigen mobilen Beratungsteams, die Lehrer und Politiker beraten, fürchten Etatkürzung

von PHILIPP GESSLER

Die Brandenburger Landesregierung kämpft gegen den Rechtsextremismus in der Mark – und mit sich selbst darüber, wer dafür wie viel Geld bekommt. Die bundesweit einzigartigen „Mobilen Beratungsteams“ (MBT) warnten gestern davor, die langfristige Prävention gegen die rechtsradikalen Umtriebe zugunsten polizeilicher Repression zu beschneiden. Auf Deutsch: Die fünf Teams, in denen je zwei Sozialarbeiter durchs Land ziehen, um Lehrer, Politiker und Gruppen im Umgang mit Rechtsextremismus zu beraten, befürchten langfristig Kürzungen ihres Etats. Der kommt aus dem Topf „Tolerantes Brandenburg“, und die MBT vermuten, dass hier Geld für den von der CDU geförderten Landespräventionsrat abgezweigt werden soll. „Mit großer Sorge“, so gestern MBT-Leiter Wolfram Hülsemann, beobachte man „politische Signale“, dass ihr auf Nachhaltigkeit angelegter Ansatz „zerstört werden soll“.

Diese Angst ist berechtigt. Im SPD-geführten Bildungsministerium verweist man darauf, dass die CDU große Probleme mit dem landesweiten „Aktionsbündnis gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt“ habe. Im Laufe der Koalitionsverhandlugen hatte die CDU kurzfristig erreicht, dass sich das „Aktionsbündnis“ umbenennen musste und gegen „Extremismus“ allgemein vorgehen sollte. Als es wieder seinen alten Namen annahm, konnte die CDU die Bildung eines „Landespräventionsrates“ durchsetzen – bei dem die Kriminalitätsbekämpfung im Vordergrund steht und der Kampf gegen rechts nur ein Bereich von vielen ist. Vorsitzender des Rates ist Innenminister Jörg Schönbohm, CDU-Chef im Land und als ehemaliger Innensenator Berlins als Autonomenfeind bekannt.

Während dem brandenburgischen Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ jährlich über 3,2 Millionen Mark und dem „Aktionsbündnis“ 500.000 Mark zur Verfügung stehen, muss der Präventionsrat mit 60.000 Mark auskommen. Der innenpolitische Sprecher CDU-Landtagsfraktion, Sven Petke, wetterte deshalb schon einmal gegen das „Aktionsbündnis“: Da werde zu viel Geld für Broschüren, Versammlungen und Feste ausgegeben, während die eigentliche Arbeit auf der Strecke bleibe. Der Rat aber betreibe eine gründliche Ursachenforschung und bekämpfe so den Extremismus tiefgreifender.

Offensichtlich ist, dass der Brandenburger CDU das ganze Problem Rechtsextremismus nicht schmeckt. Innenstaatssekretär Eike Lancelle (CDU), der schon in Berlin Schönbohms Law-and-order-Politik exekutierte, warnt vor angeblicher Hysterie im Umgang mit dem Rechtsradikalismus. Er verweist darauf, dass die Zahl der rechten Straftaten sinke. Und statt Prävention und Zusammenarbeit mit Linken im „Aktionsbündnis“ will er mehr Polizisten und Verfassungsschützer. MBT-Chef Hülseman warnt dagegen vor diesem Weg: Der Rechtsextremismus komme „aus der Mitte der Gesellschaft“. Eine Lösung „von oben“, durch die Polizei, werde es nicht geben.