Monopol vom Taunus bis zur Rhön

Die Heag NaturPur – eine Tochter der Hessischen Elektrizitäts AG – will alle 66 Kindergärten und Schulen in ihrem Einzugsgebiet mit Solarzellen bestücken. Noch schreibt das Unternehmen rote Zahlen, 2003 soll aber der Break-even-Point erreicht werden

von KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Fair gehandelter Kaffee, Apfelsaft aus von Bioland kontrolliertem Anbau oder Mitarbeiter in Bio-Klamotten – bei der im Juli 1999 neu gegründeten Tochtergesellschaft der Holding Heag in Darmstadt ist nicht nur der verkaufte Strom ökologisch.

Dennoch beziehen die etwa 1.000 Kunden der Heag nach wie vor konventionellen Strom aus der Steckdose. Allerdings steigt mit jedem neu gewonnenen Kunden der Anteil regenerativer Energie im großen „;Stromsee“, und der Anteil der konventionell – Kohle oder Gas – oder in einem AKW produzierten Energie sinkt. Das ist der ganze Witz beim Geschäft mit dem Ökostrom.

Heag NaturPur kauft wie alle Ökostrom-Anbieter Energie an, der von Wasser- oder Windkraftanlagen, von Solarenergieanlagen oder von Anlagen zur Strom- und Wärmegewinnung durch Biomasse erzeugt wurde.

Die Stadt Darmstadt und die Landkreise Darmstadt-Dieburg und Odenwaldkreis (Erbach) gehören zum Einzugsgebiet der Heag NaturPur. Aber selbstverständlich, sagt Britta Sattig, die bei Heag für die Bereiche Marketing und Kommunikation zuständig ist, könne auch ein Verbraucher etwa aus Frankfurt oder aus Rüsselsheim (Kreis Groß-Gerau) Kunde bei ihnen werden: „Da stehen wir mit offenen Armen da“, sagt sie.

Sauer sei dann möglicherweise nur die regionale Konkurrenz; die Mainova etwa in Frankfurt. Oder das Überlandwerk Groß-Gerau. Die bieten nämlich auch Ökostrom an. Und der Preiskampf ist hart.

Im Großraum Südhessen und Nord-Baden-Württemberg ist es nur die Heag NaturPur, die als eigenständige Firma ausschließlich mit Naturstrom handelt. Die anderen Energieversorger in der Region würden nur „auch Ökostrom verkaufen“, sagt Sattig.

Die anderen räumen das ein. Aber sie haben damit auch – noch – keine größeren Probleme. Das Überlandwerk Groß-Gerau etwa bietet mit den billigsten Strom in der ganzen Republik an. Und solange dieser Preis gehalten werden könne, heißt es in der Zentrale in Groß-Gerau, ließen sich die Kunden, die den sehr viel teureren Ökostrom haben wollten, ohnehin an einer Hand abzählen.

Der Preis sei beim Stromkauf nämlich noch immer das entscheidende Kriterium für den Endverbraucher, insbesondere für die Großabnehmer.

15 bis 20 Mark mehr als bei konventionellem oder atomar erzeugtem Strom muss ein Zweipersonenhaushalt bei der Heag NaturPur AG im Monat für den Ökostrom bezahlen. „Noch nicht einmal eine Mark am Tag“, rechnet Sattig schnell vor. „Eine Mark am Tag, der Umwelt zuliebe.“

Noch schreibt das Unternehmen, das sich in diesem Jahr als Aktiengesellschaft (Namensaktien) von der Muttergesellschaft abnabeln will, keine schwarzen Zahlen. Bis Ende 2003 aber wollen sie in Darmstadt den Break-even-Point erreicht haben. Das Marketingkonzept jedenfalls hält Sattig für „genial“; schließlich hat sie es selbst mit entwickelt.

NaturPur hat sich vorgenommen, die Dächer aller Kindergärten und Schulen in den 66 Städten und Gemeinden im Einzugsgebiet mit Solarzellen auszustatten. Das Programm ist schon angelaufen. Und 14 Anlagen zur Gewinnung von Sonnenenergie bereits installiert. NaturPur finanziert – noch mit Mitteln von der Holding. Und die kommunalen Einrichtungen verpflichten sich im Gegenzug, Kunden zu werden.

Die ersten Beispiele machen Schule. Großkunde bei NaturPur ist etwa die Stadt Darmstadt. Alle kommunalen Einrichtungen dort beziehen Ökostrom. In Darmstadt sei die grüne Dezernentin sehr dahinterher gewesen, dass zügig auf Ökostrom umgestellt wurde, sagen sie bei NaturPur beifällig. Und die Dezernetin Daniela Wagner beglückwünschte jetzt im Gegenzug NaturPur für die Teilnahme an der taz-Kampagne.

NaturPur hilft auch bei der Restauration alter Mühlen zur Gewinnung von Strom aus Wasserkraft. Eine Anlage für die Verstromung von Biomasse ist schon gebaut; eine weitere in der Planung. Und eine „Holzhackschnitzelanlage“ bei einem Sägerwerk im Odenwald im Bau. Auch mehrere Windkraftanlagen liefern Strom für NaturPur.

Also alles in Butter? Nicht so ganz, räumt Sattig ein. Probleme gibt es mit der Zertifizierung. Die vom TÜV hängt zwar in ihrem Büro. Doch die gilt den Experten als „nicht so doll“ (Sattig). NaturPur will mit einer neuen Zertifizierung abwarten, bis es Richtlinen aus Berlin und Brüssel gibt.

Immer donnerstags in der taz: Alles Wissenswerte zur Ökostromkampagne