Tramper, Trotter und Traveller

„Ein Globetrotter, nicht nur der heutige, ist immer unterwegs, auch wenn er daheim ist. Zu diesem Lebensgefühl gehört die Lust aufzubrechen, der Mut Unbekanntem zu begegnen, Risiken einzugehen, das Bedürfnis nach authentischer Erfahrung, Neugier ebenso wie die Fähigkeit, das Schöne in der Welt zu entdecken.“

Norbert Lüdtke, Deutsche Zentrale für Globetrotter

„Man kann sagen, dass das flexible Hantieren mit Identität die zentrale Voraussetzung für das Trampen ist. Eine Generation, die vor sich hinsummt „Ich will so bleiben, wie ich bin“, hat danach kein Bedürfnis.“

Florian Illies („Generation Golf“), FAZ

„Später einmal, in fünfzehn Jahren etwa, wird das Anhalten ein Vergnügen sein. Dann werden alle die am Steuer sitzen, die jetzt vom Straßenrande aus durch Deutschland fahren. Sie werden sich ihrer Jugendwanderungen erinnern, bremsend den Schlag öffnen: ‚Hinein mit Ihnen – wohin soll’s denn gehen?‘“

Barbara Klamroth, 22. Juni 1950, „Die Zeit“

„Er fragte sie, ob denn die Fahrer, die sie mitgenommen hatten, so unangenehm gewesen seien, dass sie von einer Zumutung spreche. Sie antwortete (unbeholfen kokett), sie seien manchmal sogar sehr angenehm gewesen.“

Milan Kundera: Fingierter Autostopp, in: „Das Buch der lächerlichen Liebe“. Frankfurt am Main 1999, Fischer TB

„Eine so unsägliche Stelle zum Trampen erlebte ich zum erstenmal. Und das nur wegen eines neurotischen Pärchens, das behauptet hat, ich würde ,stinken‘. Bei der ersten Gelegenheit haben sie mich rausgeworfen.“

Jakob Arjouni: „Ein Freund“. Geschichten. Zürich 1999, Diogenes

„‚Nach Norden?‘ fragte Sissy. Aber ihr wäre auch jede andere Richtung recht gewesen. ,Darauf kannst du deinen strammen Arsch wetten‘, meinte der Fahrer mit sardonischem Grinsen, und es war schwer auszumachen, was er mehr hatte: Saxophone im Fond oder Goldzähne im Mund. Sissy zögerte. ;Was habe ich schon zu verlieren?‘ – Sie stieg ein.“

Tom Robbins: „Sissy. Schicksalsjahre einer Tramperin“. Reinbek 1994, Rowohlt

„Wir hielten die Arme abgewinkelt vom Körper, die Daumen senkrecht. Je länger keiner anhielt, desto länger streckten wir die Arme aus, desto höher zogen wir die Röcke. Wir probierten es mit zwei Fingern oder mit einem, mit Peace oder Fuck, wenn nichts half auch mit dreien: schwören fiel uns schwer.“

Alissa Walser: „Die Lust der Gans beim Gestopftwerden“. In: „Die kleinere Hälfte der Welt“. Reinbek 2000, Rowohlt

Deutschlands Jugendliche werden, statistisch gesehen, immer reicher. 1984 verfügte nur ein Viertel der 15- bis 24-jährigen Männer und Frauen über 1.000 Mark monatlich. 1991 waren es bereits 36 Prozent; 1999 verfügten 43 Prozent monatlich über diesen Betrag.

Und tatsächlich: Die Autodichte steigt und steigt. 1970 zählte das Statitische Bundesamt nur 228 „motorisierte Fahrzeuge“ pro 1.000 Einwohner. 1980 waren es bereits 476, und 1999 wurde die beängstigende Zahl von 617 Fahrzeugen pro 1.000 Einwohner registriert. Deutschland hat damit die höchste Autodichte der Welt.

Fachliteratur: Norbert Lüdtke: „Selbstreisehandbuch“. Peter Meyer Reiseführer, Frankfurt am Main 1998, 432 Seiten, 19,90 Mark (vom Herbst an in neuer Auflage, parallel ist ein zweiter Band in Arbeit)

Adressen: Deutsche Zentrale für Globetrotter, Postfach 301033, 40410 Düsseldorf (www.dzg.com). Organisiertes Trampen wird vermittelt über: www.mitfahrzentrale.de. BJÖRN KERN