Start-up-Netzwerk für High Potentials

Im Kampf um qualifizierte Mitarbeiter gehen Internet-Firmen neue Wege: Ein einjähriges Trainingsprogramm in verschiedenen Unternehmen soll den Berufseinstieg erleichtern. Vorerst werden aber nur neun Plätze finanziert

Die Berliner Start-up-Firmen haben sich jetzt etwas Neues ausgedacht, um den „War for talents“, den Kampf um künftige Mitarbeiter, zu gewinnen. Denn schnell an qualifizierten Nachwuchs zu kommen – das ist das Hauptproblem der aufstrebenden Internet-Unternehmen. Mehrere Start-ups haben sich deshalb zusammengeschlossen und das so genannte Berlin New Economy Programm kreiert: eine Art Querschnitts- bzw. Überblicksausbildung in verschiedenen Bereichen und Firmen der Neuen Wirtschaft.

Der Clou für die Berufseinsteiger, die 3.500 Mark verdienen werden: Sie können sich ein Jahr lang die Neue Wirtschaft von innen und aus verschiedenen Perspektiven angucken, ohne sich vorher festlegen zu müssen. Die klassische Internet-Portal-Firma gehört ebenso dazu wie eine Risikokapitalgesellschaft, die die jungen Unternehmen finanziert. Ein Hindernis für Bewerber in der New Economy ist nämlich, dass sie die Risiken ihrer potenziellen Arbeitgeber schwer einschätzen können – so manches Start-up verschwindet schneller, als es gekommen ist.

Das Programm, das Aperto Econa und Scholz & Friends initiiert haben, startet im November. Zunächst wollen die beteiligten Firmen allerdings nur neun Plätze gemeinsam finanzieren. Der Bedarf könne aber noch steigen, sagte gestern Scholz-&-Friends-Geschäftsführer Thomas Heilmann. Ziel sei es, die künftigen so genannten High Potentials so früh wie möglich ins Alltagsgeschäft einzubinden und ihnen ein konkretes Bild verschiedener Firmen, Berufsbilder und Kulturen zu vermitteln.

Das Programm richtet sich vor allem an Uni-Absolventen der Wirtschaftswissenschaften oder an junge Berufstätige mit zwei bis drei Jahren Berufserfahrung. Bewerben kann man sich sofort. Bei der Auswahl sollen weniger die Noten als Engagement und Teamfähigkeit ausschlaggebend sein. Bisheriges Engagement der Bewerber wird in der New Economy weit gefasst. „Das kann in einer Rockband oder einer Nachbarschaftshilfe sein – Hauptsache Initiative“, so Heilmann.

Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU) war gestern über die Start-up-Initiative hoch erfreut. Die Rekrutierung von geeigneten Mitarbeitern sei für ansiedlungswillige New-Economy-Unternehmen wichtiger als Gewerbeflächen oder Subventionen. Büros und Geld gebe es in anderen Städten auch, so Branoner. Berlin müsse aber sein Potenzial, die gute Infrastruktur und die kreativen Menschen, in den Vordergrund stellen. Derzeit arbeiteten schon rund 100.000 Berliner in der IT- und Internet-Branche. Bis 2001 könnten noch einmal 30.000 Jobs dazu kommen.

Dass die Branche unter Nachwuchsmangel leidet, zeigte sich auch am Wochenende. Zur „Recruiting Area“ auf der Ausstellung zum Medienkongress Berlin Beta verirrten sich nur wenige Interessierte. Marc Wohlrabe, Organisator des Kongresses, plant dennoch branchenüblich Größeres. Für das kommende Jahr sucht er größere Räume und will aus Berlin Beta eine richtige Messe machen. RICHARD ROTHER,
NICOLA HOCHKEPPEL