Soll Hass extra kosten?

Mehr Knast für rassistische Straftaten, weil sie durch Hass motiviert sind: Der Vorschlag von Brandenburgs Justizminister trifft auf wenig Gegenliebe bei Justizverbänden und SPD

BERLIN taz ■ Soll es einen neuen Hass-Paragrafen im Strafgesetzbuch geben? Ablehnung und Zustimmung erntet Brandenburg für die Idee, so wie in vielen US-amerikanischen Bundesstaaten Hassverbrechen (Hate Crimes) auch hierzulande automatisch härter zu bestrafen. Rassistische Gewalttaten könnten generell als „Verbrechen“ behandelt werden, fordert der brandenburgische Justizminister Kurt Schelter (CDU); die Mindeststrafe wäre dann ein Jahr Haft.

Die Justizverbände halten von diesem Vorschlag nicht viel. „Die gesetzlichen Instrumente in Deutschland reichen völlig aus“, sagte etwa Rainer Voss, der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, zur taz, „die Urteile der letzten Monate waren doch weiß Gott nicht milde.“ Eberhard Kempf, Strafrechtsexperte beim Deutschen Anwaltverein: „Das ist wieder so ein typischer Aktionismus von Politikern.“

Auch im Bundestag würde Schelters Vorstoß derzeit nicht auf Gegenliebe stoßen. „Diese Idee hat nicht den Hauch einer Chance“, ist sich der innenpolitische Sprecher der SPD, Dieter Wiefelspütz, sicher. „Statt immer nur die Strafen zu erhöhen, brauchen wir neue Ideen, wie wir den Opfern helfen können und was wir mit den Tätern machen, wenn sie hinter Gittern sind.“

Um in den Bundestag zu gelangen, müsste die Schelter-Initiative freilich erst einmal eine Mehrheit in der Länderkammer finden. Hier sind die Aussichten eher schlecht. So zeigt sich etwa das Justizministerium in Rheinland-Pfalz wegen der „fehlenden Flexibilität“ der Vorschläge „äußerst skeptisch“. Selbst Bayern senkt den Daumen. „Die Strafrahmen für Körperverletzungsdelikte wurden erst vor zwei Jahren verschärft“, betont ein Sprecher des Münchener Justizministeriums, „die Richter können heute tatangemessene Strafen verhängen.“

Lob gab es nur von Berlins Ausländerbeauftragter Barbara John (CDU), die früher schon ähnliche Vorschläge gemacht hatte. „In diese Richtung muss es gehen“, erklärte sie gegenüber der taz. „Für eine multikulturelle Gesellschaft brauchen wir neue Gesetze.“ Ob das bisherige Recht ausreiche, könne man ohnehin nur feststellen, wenn es eine „zentrale Erfassungsstelle“ für Hassverbrechen und ihre juristische Behandlung gebe. In einem Punkt will sie allerdings über den Brandenburger Vorschlag sogar hinausgehen. Bewährungsstrafen sollten für rechte Gewalttäter generell ausgeschlossen werden.

CHRISTIAN RATH

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