Runter vom Berg

■ Steve Earle kehrt zum Country-Rock zurück und präsentiert ihn im Grünspan

Es hat so kommen müssen. Auf seinem letzten Konzert in der Großen Freiheit hatte er es angekündigt: „Diese Bluegrass-Platte war ein riesen Spaß, aber meine nächste wird wieder eine Rock-Platte.“ Und damit kam Steve Earle wieder zurück auf den Country-Rock. Dabei hatte man nach The Mountain, Earles Kollaboration mit der Del McCoury Bluegrass Band, noch hoffen können: Was wäre, wenn alle amerikanischen Rock-Populis-ten jetzt sowas machen würden? Wie würde Springsteens Bluegrass-Platte klingen und wann käme sie endlich? Denn das Schöne an The Mountain war die formale Monomanie, mit der sich ein Country-Rocker den Bluegrass-Vorgaben aussetzte. Ein bisschen wie Jonathan Richman-Minimalismus, nur eben mit rasenden Banjos und Doghouse-Bass.

Auch auf Transcendental Blues, der angekündigten Rock-Platte, findet sich ein Bluegrass-Stück – aber auch gesampelte Tablas, ein indisches Harmonium, Streichersätze, Akordeon und Frühdylan-Mundharmonika. Von Selbstbeschränkung keine Spur mehr, hier holt jemand richtig weit aus. Das mag daran liegen, dass Earle nach mehreren beinahe-Zusammenstößen mit dem Drogentod Anfang der 90er-Jahre beschlossen hat, seine Karriere genauestens zu planen. Bereits vor Jahren wurde berichtet, er arbeite an der Hillbilly-Version von Mersey Beat, und Transcendental Blues soll nun wohl sein Sgt. Pepper sein. Tatsächlich ist das Album, was Produktion, Instrumentierung und Song-Themen angeht, recht eklektizistisch, und irgendwie poppig klingt es auch. Aber so attraktiv die Vorstellung eines derart aufgemischten amerikanischen Roots-Rock auch ist, als Steve Earle-Album will das Konzept nicht richtig durchstarten. Earles unprätentiöses, immer wieder aber auch schlicht unspektakuläres Songwriting, das zu seinen Bluegrass-Songs wunderbar gepasst hat, hält die rockigeren Nummern in der Belanglosigkeitsfalle fest. Auch seine Flirts mit der irischen Trad-Musik fallen kaum besonders auf, obwohl er sich dafür mit Sharon Shannon und ihrer Band einige der zurzeit ganz wenigen originellen MusikerInnen aus dieser Sparte ins Studio geholt hat.

Auf dem Country-Territorium ist Earle aber immer noch geschmackssicher: „When I fall“ ist ein Duett-Lovesong, der einem angenehmst die Haare aufstellt, „Lonelier than this“ hält, was der Hank-Williams-eske Titel verspricht, und wo es two-steppt, gewinnt das Album enorm. So wird es also auch von der Besetzung der Dukes, Earles stets wechselnder Begleitband abhängen, ob das heutige Konzert so eindrücklich wird wie das letztjährige Bluegrass-Feuerwerk.

Georg Felix Harsch

heute, 20 Uhr, Grünspan