TROTZ AUFRUF DER KIRCHEN WIRD BRASILIEN WEITER SCHULDEN ZAHLEN
: Dreiste Gelassenheit

In Malawi sind tausende Menschen an Aids erkrankt. Trotzdem will das arme afrikanische Land kein Aids-Programm von der Weltbank. Wir haben genug Schulden, ließ man der größten internationalen Institution für Entwicklung ausrichten, wenn ihr uns schon 40 Millionen Dollar bietet, dann doch bitte als Geschenk.

Bei der Diskussion über den Schuldenerlass vermeiden der Internationale Währungsfonds und die Weltbank sehr gern einige wichtige „Details“. Dazu gehört, dass ihre großartige, so schleppende Schuldeninitiative HIPC nur die ärmsten Länder mit einbezieht, nicht aber solche wie Brasilien. Der Koloss, der zu den großen Industrieländern gehört, soll Pfennig für Pfennig zahlen. Dabei besteht kein Unterschied zwischen einem armen Malawier und einem armen Brasilianer – denn unter der Ägide der IWF-Programme streichen beide Staaten ihre Sozialprogramme zusammen.

Auch über ihre eigene Rolle beim Schuldenmachen reden IWF und Weltbank nicht gern. Die armen Länder haben insgesamt 2, 5 Billionen Dollar Schulden. Gerade mal 9,4 Milliarden davon schulden sie dem IWF, rund 40 Milliarden der Weltbank. Das ist aber nicht deshalb vergleichsweise wenig, weil die beiden so viel verschenken, sondern weil beide Institutionen als Erstes bedient werden, wenn es ums Zurückzahlen geht. Der Grund ist die Angst der Regierungen, dass sie sonst kein Geld mehr kriegen – denn wer vom IWF und Weltbank nichts mehr kriegt, der kann eine Kreditaufnahme auf dem internationalen Markt vergessen. Kredite der Washingtoner Zwillinge sind wie Gütestempel – wenn die zahlen, zahlen andere auch.

Insofern ist Malawis trotziges „Nein danke“ ganz schön tapfer – denn das Land riskiert damit zukünftige Kredite. Und auch die Wut der brasilianischen Regierung über die kirchliche Initiative für ein Schuldenmoratorium und eine Aufhebung der IWF-Bedingungen ist verständlich: Wer es sich mit den Washingtonern verscherzt, verscherzt es sich mit allen Banken. Aber die Gelassenheit, mit der sich die Weltbanker demnächst in Prag zusammensetzen, um mal wieder über den Schuldenerlass für diesen oder jenen Staat zu reden – die ist ganz schön dreist. MAIKE RADEMAKER