Brasiliens hohe Staatsverschuldung

Die Hochzinspolitik der 90er-Jahre und die Finanzkriseim Januar 1999 haben die Schulden verteuert

SÃO PAULO/BERLIN taz ■ Die hohe Verschuldung des brasilianischen Staates ist vor allem ein Produkt der Hochzinspolitik der 90er-Jahre und der Finanzkrise, die Brasilien Anfang 1999 erfasste. Brasilien hatte jahrelang versucht, Wirtschaftswachstum und Inflationsbekämpfung gleichzeitig zu erreichen – viele Länder Lateinamerikas scheiterten an diesem ewigen Interessenkonflikt. Die Idee: Der brasilianische Real wurde an den Dollar gekoppelt. Das sollte einerseits die Währungsstabilität garantieren, andererseits bei ausländischen Investoren Vertrauen schaffen. Unterstützt wurde die Inflationsbekämpfung durch hohe Zinsen.

Davon profitierten vor allem die Anleger aus aller Welt, die ihr Kapital in den emerging market Brasiliens schafften. Für den Staat jedoch hatten die hohen Zinsen die Folge, dass sich die öffentliche Verschuldung immens verteuerte: Allein von 1991 bis 1998 verdoppelte sich die gesamte Auslandsverschuldung des Landes auf 230 Milliarden Dollar. Die Verschuldung bei inländischen Banken und Privatleuten hat sich in den letzten sechs Jahren auf gut 200 Milliarden Dollar versechsfacht. Sie macht gut 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Allein die Zinszahlungen beliefen sich in den vergangenen sechs Jahren auf insgesamt 70 Milliarden Dollar.

Doch der zunächst als positiv empfunden Kapitalzufluss aus dem Ausland stellte sich als Trojanisches Pferd heraus: Als es im Januar 1999 zu kriseln begann, zogen die Anleger, allen voran die Manager der großen Fonds, innerhalb von Tagen Milliardensummen ab. Die Zentralbank reagierte mit Zinserhöhungen auf bis zu 49 Prozent im Februar. Die Staatsverschuldung wurde noch teurer. Trotz dieser ungünstigen Prognose sind die brasilianischen Auslandsschulden letztes Jahr zum ersten Mal seit langem zurückgegangen – um 10 Milliarden Dollar. DILG/KK