Billiger als Haschisch

Gunnar Fehlau hat an der Entwicklung des 9,2 Kilo leichten Faltrades „Birdy“ der Firma „Riese und Müller“ mitgewirkt. Er berichtet über die Grenzen des „Kleiner – leichter – schneller“-Prinzips und warum es keine aufblasbaren Velos gibt

Interview HOLGER KLEMM

Gunnar Fehlau (27) ist Autor des Buches „Das Modul-Bike. Faltbare Fahrräder“ (Moby Dick Verlag, Kiel) und Verantwortlicher für Unternehmenskommunikation bei „Riese und Müller“, Spezialist für spezielle Räder

taz: Ihr Faltrad „Birdy“ lässt sich ja ganz schön klein zusammenfalten. Geht es noch kleiner, dass es sich auf dem Fahrradgepäckträger verstauen lässt?

Gunnar Fehlau: Nein, derartige Versuche sind ja auch im Autobereich gescheitert. Faltbare Autos, wie beispielsweise der Trabant, der mühelos in eine amerikanische Limousine passt, sind ja auch wieder vom Markt verschwunden. Ich glaube, dass der Hang zum Zweitrad – quasi als Inhalt der Werkzeugkiste – noch nicht abzusehen ist.

Sie haben das leichteste Faltrad konzipiert, das derzeit auf dem Markt ist. Das Gewicht des Birdy liegt bei 9,2 Kilogramm. Wie ist Ihre Zielvorstellung für die nächsten Jahre?

Die Frage ist doch: Wohin soll das Fahrrad in Zukunft mitreisen? Da sind Schlagworte natürlich nicht: „höher – schwerer – breiter“, sondern „kleiner – leichter – schneller“. Technisch ist vieles denkbar.

Was zum Beispiel?

Thermoplast, Carbontitan – es gibt da wundervolle Werkstoffe, die einiges an Gewichtsreduktion ermöglichen. Aber rentabel ist das erst bei großen Stückzahlen. Sonst würde ein Acht-Kilo-Rad 8.000 Mark kosten. Da wäre man in einem Preis-Gewicht-Verhältnis von modernen Kampfflugzeugen.

Eine Mark pro Gramm ist immer noch billiger als Haschisch!

Ja, und macht noch mehr Freude und ist legal. Insofern ist mein Tipp, es lieber mit dem Faltrad zu probieren.

Gegenwärtig ist alles Aufblasbare in Mode: Möbel, Taschen und so weiter. Rückt das aufblasbare Fahrrad in greifbare Nähe?

Der Trend wurde vor 100 Jahren eingeläutet mit den aufblasbaren Reifen. Ich finde, dass dieser originale Trendsetter nach wie vor in Funktion und Design federführend ist. Alles andere Aufblasbare ist funktional irgendwie unbefriedigend.

Zu den technischen Details: Wie groß ist der Wendekreis?

Ach, ziemlich klein, kleiner als der mancher Parteien.

Mit wie viel PS?

Das Birdy hat in der Regel ein MS, eine Menschenstärke. Das reicht bislang. Am faltbaren Tandem-Modell mit zwei MS arbeiten wir.

Ist der Begriff Faltrad werbewirksam genug? Man assoziiert damit Knitter, Falten und Bügelfalten.

Haben Sie etwas gegen Falten? Können Sie das Alter nicht ertragen? Nein, Bügelfalten haben wir nicht, falten aber jeden Bügel, der sich zu falten lohnt.

Werden Faltencremes eingesetzt?

Ja, an der Kette, damit Ihnen das Fahren keine Schweißtropfen und Falten der Anstrengung auf die Stirn treibt.

So viel zum Technischen. Was sind es für Leute, die auf Falträder abfahren?

Das sind Leute, die irgendwo in ihrer Mobilität eine Lücke haben. Die zum Beispiel morgens nicht den Zug zur Arbeit verpassen wollen oder die vom Bahnhof nicht noch weit zur Arbeit laufen wollen. Zum anderen sind es Leute, die aus Spaß am Radfahren das Einsatzgebiet des Fahrrads erhöhen wollen. Auch Manager ziehen in den Konferenzpausen gern das Faltrad aus dem Kofferraum und drehen eine Runde.

Wie weit geht der Kompromiss zwischen Formschönheit und Faltbarkeit? Anders gefragt: Wann sieht ein Faltrad wie ein richtiges Fahrrad aus?

Der erste Computer sah auch nicht aus wie ein Rechenschieber.

Die alte Hänselei „Wer sein Fahrrad liebt, der schiebt“ fällt ja bei Ihnen weg. Wie trägt man ein Faltrad?

Es gibt wie für das Handy eine Tasche, die sich auch als Daypack-Rucksack nutzen lässt. Reißverschluss auf, Rad rein – ganz einfach. Oder Sie nehmen zum schnellen Verpacken die Schutzhülle. Die hat eine Öffnung, damit man das Rad bequem am Oberrohr tragen kann. Also keine Schiebereien mehr.