piwik no script img

Mehr Razzien auf dem Bau

Das Land verschärft die Kontrollen gegen illegale Beschäftigung, hauptsächlichauf Baustellen. Betroffene üben Kritik: Razzien richteten sich nur gegen Arbeiter

Berlin will auch weiterhin scharf gegen Schwarzarbeit vorgehen. Illegale Beschäftigung richte große volkswirtschaftliche Schäden an und trage zur hohen Arbeitslosigkeit vor allem in der Baubranche bei, sagte gestern Arbeitssenatorin Gabriele Schöttler (SPD) bei der Vorstellung des Berichts zur Bekämpfung von Schwarzarbeit 1999/2000. Im vergangenen Jahr wurde Schwarzarbeit mit Bußgeldern von 16,5 Millionen Mark geahndet, das sind 72 Prozent mehr als 1998.

Schöttler führte diese Ergebnisse in erster Linie auf die verschärfte Verfolgungstätigkeit der zuständigen Behörden zurück. Gleichwohl sei Schwarzarbeit aber ein wachsendes Problem, insbesondere in Berlin. Das Land hat bereits 1989 die Gemeinsame Ermittlungsgruppe Schwarzarbeit (GES) gebildet, in der Mitarbeiter der Kriminalpolizei, des Zolls, des Landesarbeitsamtes und der Steuerfahnung zusammenarbeiten. Die Ermittlergruppe wurde mehrfach personell verstärkt, derzeit arbeiten rund 100 Personen in der GES.

Die Ermittlungsgruppe hat ihre Tätigkeit im vergangenen Jahr erheblich verstärkt. 7.500 Razzien wurden auf Baustellen und in Betrieben durchgeführt, 15 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Damit wolle man die Arbeitgeber treffen, die von Lohndumping und Ausbeutung am meisten profitierten, sagte der Sprecher der Arbeitsverwaltung, Klaus-Peter Florian.

Die Betroffenen sehen das anders. „Die Kontrollen richten sich in erster Linie gegen die betroffenen Arbeitnehmer“, sagte gestern Conny Roth vom Polnischen Sozialrat, einer Selbsthilfe- und Beratungsorganisation von Migranten aus dem östlichen Nachbarland. Wenn illegal Beschäftigte aufgegriffen werden, würden sie sofort abgeschoben. Die Folge: Sie würden um ihren ohnehin geringen Lohn gebracht. Zudem stünden sie nicht mehr als Zeugen bei eventuellen Gerichtsverhandlungen gegen die Unternehmer zur Verfügung. Roth fordert deshalb einen Abschiebestopp für potenzielle Zeugen. „Wir setzen auf Unterstützung statt Repression.“ Schließlich würden illegal Beschäftigte oft genug um ihre Löhne geprellt.

Roth übte darüber hinaus Kritik an dem Bild, das sich die Öffentlichkeit von illegal Beschäftigten macht. Der konstruierte Zusammenhang von Arbeitslosigkeit und illegaler Beschäftigung von Nichtdeutschen führe zur Stigmatisierung von Ausländern. RICHARD ROTHER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen