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Wenige Spediteure beenden Blockaden

Frankreichs Bosse und Bauern blockieren weiter, in England endet der erste Mineralösteuerprotest schnell

PARIS taz ■ „Une belle pagaille“ heißt auf Französisch das, was gestern in Frankreich los war – ein Riesendurcheinander: In Paris proklamierten Verkehrsminister Jean-Claude Gayssot sowie der Chef des mitgliederstärksten Fuhrunternehmerverbandes FNTR, René Petit, das Ende der Arbeitgeberproteste für billigeren Sprit. Andrerseits war der Verband der kleinen Fuhrunternehmer, Unestra, noch nicht mit dem Verhandlungsergebnis der Vornacht zufrieden. Und vor den Raffinerien und an Verkehrsknotenpunkten im ganzen Land, wo sich in den vergangenen Tagen Lkws, Krankenwagen, Busse und Traktoren ineinander verkeilt hatten, lösten sich bis zum Nachmittag nur wenige Blockaden auf. Meist wollten die Bosse weiter protestieren. In weiten Teilen des Landes litt die Wirtschaft durch die Treibstoffknappheit.

„Ich habe nichts zu verlieren“, lautete ein vielfach wütend in die Mikrofone gesprochener Kommentar. Mit den Worten, „die können ruhig Polizei und Panzer schicken“, kündigten manche gar harte Auseinandersetzungen an. Selbst Basismitglieder der FNTR waren gestern nicht mit dem Abbruch ihrer Protestaktion einverstanden. Besonders durchhaltewillig zeigten sich die Bauern des großen konservativen Verbands FNSEA, die eine Abschaffung der Mineralölsteuern für sich fordern.

Die rot-rosa-grüne Regierung hatte der Lkw-Branche schon zwei Tage zuvor 35 Centimes Steuersenkung pro Liter Diesel rückwirkend für dieses Jahr – und 25 Centimes Steuersenkung für 2001 geboten. In den seither geführten „Gesprächen“ waren in Paris nur die Zahlungsmodalitäten geklärt worden.

Der kommunistische Verkehrsminister Gayssot, der seit Montag beinahe non-stop verhandelt hatte, forderte gestern Mittag die „Kerle“ an den Blockaden auf, ihre Aktionen zu beenden. „Wir haben konkrete, seriöse und ausgeglichene Resultate gefunden“, sagte er und versprach, sich in der EU für eine Harmonisierung der sozialen und steuerlichen Regeln einzusetzen.

Die Blockierer fühlten sich gestern durch die vermeintliche Unterstützung der Öffentlichkeit gestärkt. „Das ganze Land steht hinter uns“, hieß es vielerorts, „die Franzosen haben genug von den hohen Spritpreisen.“ Tatsächlich gab es gestern in mehreren französischen Städten erste Hupdemonstrationen von Autofahrern, die ihrerseits Steuersenkungen für ihren Sprit verlangen.

Für heute ruft ein kommunistischer Politiker im Ardèche zu einer Demonstration für niedrige Mineralölsteuern auf, weil die hohen Preise sozial ungerecht seien. Von einer generellen Mobilisierung der Franzosen für billigeren Sprit kann jedoch keine Rede sein. Bis gestern blieben die Proteste auf eine rechtsstehende Minderheit beschränkt – mehrheitlich Patrons kleiner Unternehmen. Sie fühlen sich angesichts der harten Konkurrenz in Frankreich und Europa bedroht.

In Großbritannien beendeten Bauern gestern nach wenigen Stunden die Blockade eines Tanklagers im Hafen von Ellesmere, nachdem die Polizei mit einem gewaltsamen Einsatz gedroht hatte. DOROTHEA HAHN

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