Manila erwägt Militärschlag

Im Konflikt mit den philippinischen Abu-Sayyaf-Rebellen stehen die Zeichen auf Sturm

BANGKOK taz ■ Auf den Südphilippinen wird ein Militärschlag gegen die Abu-Sayyaf-Kidnappertruppe immer wahrscheinlicher. Staatspräsident Joseph Estrada kehrte gestern vorzeitig von einem USA-Besuch nach Manila zurück. Dort trat der Sicherheitsstab zu einer Krisensitzung zusammen. Auch Verteidigungsminister Orlando Mercado und die Chefs von Armee und Polizei waren zurückbeordert worden. Sie hatten an einer Pazifik-Konferenz der US-Streitkräfte teilgenommen.

Nachdem Regierungsunterhändler 144 Tage lang versucht hatten, die Geiselnahmen friedlich zu beenden, seien jetzt „alle Optionen offen“, erklärte ein Sprecher gestern. Auf Druck der europäischen und südafrikanischen Regierungen hatte das Militär bislang auf eine Offensive verzichtet. Bis auf zwei französische TV-Leute und einen US-Touristen waren inzwischen alle Ausländer freigekauft worden. Die beiden Franzosen sollen, so hoffte Regierungsverhandler Robert Aventajado gestern, in den nächsten Tagen freikommen.

Die Frage ist, ob Manila so lange warten will. Nachdem am Sonntag erneut drei Malaysier auf die Insel Jolo verschleppt wurden, ist die Geduld am Ende. „Wir haben uns so sehr verbogen, dass wir bald wie Schlangenmenschen wirken, die überhaupt kein Rückgrat mehr haben“, sagte Verteidigungsminister Mercado gestern entnervt.

In den Gewässern um Jolo, wo Abu Sayyaf derzeit rund 20 Geiseln gefangen hält, sind zusätzliche Marinepatrouillen aufgefahren. Kampfeinheiten in der drei Bootsstunden entfernten Region Zamboanga warten nur noch auf den Einsatzbefehl. Malaysias Grenzbehörden wurden alarmiert, um zu verhindern, dass Abu-Sayyaf-Rebellen mit ihren vom Lösegeld erstandenen neuen Schnellbooten zu malaysischen Inseln fliehen können.

Gegenüber einer lokalen Radiostation warnte Abu -Sayyaf-Sprecher Abu Sabaya gestern vor einem Blutbad: „Wir sind bereit, jedem Militärschlag entgegenzutreten, selbst wenn er von der Supermacht ausgeht“, erklärte er in Anspielung auf die USA, die in den Augen der muslimischen Separatisten als Hauptfeind gelten.

JUTTA LIETSCH