Mit Melone und Mancini
Drama, Action, Tempo aus 50 Jahren: Die beiden Herren und DJs von Stereo de Luxe bemühen sich auf ihrem Debütalbum „Glam-O-Rama“ um stilechte James-Bond-Atmosphäre und den großen Beat
von ALEX BOHN
Die Sommernächte sind durchgefeiert, der Herbst hält langsam Einzug in die Stadt, und in den Regalen der feschen Mitte-Boutiquen liegen die ersten Herbst- und Winterwaren. Bonjour Tristesse könnte man denken, gäbe es da nicht die Herren von Stereo de Luxe, die mit ihrem Debütalbum „Glam-O-Rama“ für eine sonnenpralle Nachlese der Saison sorgen. Der versierte Berliner Partygänger horcht an dieser Stelle bereits auf: die Herren? Firmiert unter der Bezeichnung Stereo de Luxe nicht nur ein Herr als DJ? Wohl wahr: Unter dem Pseudonym Stereo de Luxe versetzt der ansonsten auf den Rufnamen „Kassi“ hörende Wahlberliner Karsten Wolf seit mehr als sechs Jahren die Tanzböden Europas in Schwingungen.
Seine glamourösen Tanznächte bestritt er häufig in illustrer Begleitung: Mit Towa Tei, Konishi Yakunara von Pizzicato Five oder Curd Duca, um nur einige seiner Weggefährten zu nennen. Wo immer da so famos gefeiert wurde, waren auch Le Hammond Inferno nicht weit und boten Stereo de Luxe in ihrer Eigenschaft als Betreiber des Bungalow Labels an, ein Album zu veröffentlichen. Das war vor zwei Jahren.
Ungefähr zu dieser Zeit stieß mit Thomas Mävers auch der zweite Musiker im Stereo-de-Luxe-Bunde dazu. „Wir sind uns richtig offiziell vorgestellt worden. Mein Protegé und Kassis damalige Managerin kannten sich gegenseitig, und so wurden wir dann ,zusammengeführt‘, sagt Thomas und erinnert sich an die befremdliche Situation: „Guten Tag, das ist Kassi, das ist Thomas. Jetzt schüttelt euch die Hände? Das war schon sehr merkwürdig.“
Der hölzerne Auftakt hatte aber keine Auswirkungen auf die dann folgenden gemeinsamen Musizierstunden, was nicht zuletzt ihr Album beweist: Kaum sind die letzten Takte fein plätschernder Pianobarmusik des Intros verklungen, fällt der Startschuss zu einer abendfüllenden Lautmalerei, deren eindeutiges Thema eines ist – Partyspaß. Mag sein, dass sich dieser Spaßfaktor nicht jedem gleich erschließt. Manch ein Musikpurist mag da ob der wilden, samplegespickten, mitunter brachial verdrehten Beatmischung die Augen verdehen und um Gnade flehen: Zu viel, zu wild, zu wirr!
Tatsache ist: Dick aufzutragen liegt den Jungs nicht fern. Mitunter scheint ihr Motto zu sein: Entdecke die Möglichkeiten. Hier noch ein elektronischer Trick aus dem Ärmel gezogen und da noch mal ordentlich die Beats aufgemotzt. Drama, Aktion, Tempo, bitte! Die Quellen der Inspiration sind da schnell ausgemacht: Britische Agentenfilme, amerikanische Detektivserien, italienische Actionfilme der Sechziger- und Siebzigerjahre, die Straßen von San Fransisco, Barbarella, James Bond. Mit Schirm, Charme, Melone und natürlich Mister Mancini. Thomas formuliert das so: „Wir sind das Zeugnis 50 Jahre besatzter Zone, wir sind deutsche Kinder, die mit allem groß geworden sind außer deutscher Volksmusik.“
Man tut ihnen nicht Unrecht, wenn man ihrer Musik hin und wieder das Label „Big Beat“ verpasst. Die beiden bekennen sich dann auch freimütig dazu, Bentley Rhythm Ace und die Propellerheads zu mögen. Doch bei aller Affinität zu wahnwitzigem Trommel- und Bassschnattern legen die Herren noch auf eine ganz andere Qualität wert: Glamour. Der Titel ihres Debütalbums ist nicht von ungefähr „Glam-O-Rama“: „Ich habe bestimmt keinen Hang zu irgendeiner Form von Schmuddelimage. Glamour klingt bei uns mit Sicherheit als Bild an und ein wenig Dekadenz kann durchaus kleidsam sein“, sagt Kassi und lacht sich dabei eins.
So bleibt es auch nie bei einem derben Beat, der einem in den Ohren schallt, sondern stets findet man einen Filter eleganten Schillerns, der die de Luxsche Klanglandschaft in ein champagnerfarbenes Licht taucht.
Glamour und Spaß also. Höchste Zeit, den Selbstversuch zu wagen: Produkt erstehen, einen Abend frei nehmen, das kleine Schwarze überstreifen, loszappeln. Alles weitere ergibt sich dann von selbst. Ehrlich.
Stereo de Luxe: „Glam-O-Rama“ (Bungalow/Efa)
