■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Arbeiterwohlfahrt riecht nur gut
Wenn bei der Arbeiterwohlfahrt im Lande Bremen der Haussegen schief hängt, dann könnte man darüber zur Tagesordnung übergehen – wenn, ja wenn dieser traditionsreiche Wohlfahrtsverband nicht renommierte Persönlichkeiten aus der sozialdemokratischen Hälfte Bremens vereinen würde. Ute Wedemeier, die Gattin des langjährigen Bremer Bürgermeis-ters, ist die Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt, und an ihr scheiden sich schon die Geister. So sehr, dass bei der letzten Neuwahl des Landesvorstandes die Bremerhavener Delegierten mit einem Protestbrief ihre Teilnahme absagten: In diesem Vorstand, so die Begründung, wollten sie nicht teilnehmen. Begründung: „Ihr wisst schon.“ Vorsitzender der Arbeiter-Wohlfahrt Bremerhavern ist kein Geringerer als Lothar Koring, ehemals SPD-Bürgerschaftsabgeordneter.
Die Bremer Delegierten ließen die Plätze nicht unbesetzt – das wäre eine als Einladung gewesen, das Malheur zu reparieren. Sie klingelten übers Wochenende Altgediente zusammen und besetzten die „Bremerhavener“ Plätze. Das Signal kam an, man sprach seither nicht mehr.
Und worum geht es bei dem Streit? Darüber spricht man nicht. Seitdem der Genosse Geschäftsführer Hans Taake Wohlfahrts-Geschäfte zu seinen Gunsten machte und seiner fristlosen Entlassung zustimmen musste, bröckelt es am Fundament der Arbeiter-Wohlfahrt. Denn was war da eigentlich genau und wer wusste davon? Bis heute hat die AWO nicht Strafanzeige erstattet gegen ihren Geschäftsführer – in dem Interesse, sich gütlich zu verständigen. Der Verdacht, dass der gefeuerte Geschäftsführer Taake zu viel weiß und andere hineinziehen könnte, liegt auf der Hand. Immerhin prüft das Finanzamt seitdem, ob der AWO Bremen nicht die Ge-meinnützigkeit entzogen werden müsse. Und prüft und prüft.
Vor diesem Hintergrund ist es eine wichtige Frage, wie innerhalb der Arbeiterwohlfahrt die interne Vergangenheitsbewältigung passiert. Wie radikal Fragen gestellt werden dürfen. Die Bremerhavener haben da weniger Rücksicht zu nehmen, immerhin richten sich die Vorwürfe gegen den Bremer Kreisverband der AWO und dessen Geschäftsführer. Wenn es bei der Verfehlung eines Einzelnen bleibt, dann besteht für die Gemeinnützigkeit keine Gefahr. Das wäre anders, wenn sich herausstellen würde, dass die Struktur der AWO die Kontrolle der gemeinnützigen Verwendung der Spendengelder nicht sicherstellen kann ...
Und so fügt es sich gut, dass nun in dem neuen Landesvorstand vor allem die alten Bremer Genossen sitzen, die jahrelang Taake vertrauensvoll kontrolliert haben. So ein alter Stallgeruch riecht doch am schönsten, wenn die Türen ganz dicht sind und auch keine Fremden ihre Nasen reinstecken, findet Rosi Roland
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