1.500 Vogelspinnen, illegal

Mit der wachsenden Zahl von Touristen vermehren sich auch die Souvenirjäger. Am Frankfurter Flughafen werden täglich drei bis vier Urlauber mit illegalen Mitbringseln aufgegriffen, sagt Iris Blažek, Pressesprecherin am Hauptzollamt

INTERVIEW: PETRA WELZEL

taz: Ganz oben auf der Hitliste von Hotel-Souvenirjägern stehen Schuhputzautomaten mit einem Gewicht von bis zu 30 Kilogramm. Was sagen Sie denn zu solchen schweren Brocken im Gepäck?

Iris Blažek: Ich kann ja nicht feststellen, ob er den Automaten im Hotel hat mitgehen lassen. Ein normales Reisemitbringsel ist es sicherlich nicht. Ich würde einfach sagen, das ist eine neue Ware, die derjenige einführt, und er müsste mir gegenüber erstmal eine Angabe über den Wert machen. Jeder Reisende hat für seinen persönlichen Bedarf 350 Mark Freimenge. Was darüber hinausgeht, muss angemeldet, verzollt und versteuert werden.

Ganz unabhängig davon, was man von wo aus einführt?

Nicht ganz. In der europäischen Union haben wir den freien Warenverkehr. Wenn also jemand in Italien einkauft, erheben wir hier natürlich keine Abgaben darauf. Alles, was aus Urlaubsorten außerhalb der EU eingeführt wird, ist grundsätzlich abgabenpflichtig. Die Höhe der Abgaben hängt dann von Herkunftsland und Art der Ware ab.

Die Statistik des Frankfurter Flughafenzolls führt für 1997 unter anderem 1.897 Korallen, 413 Riesenmuscheln und 229 Pfeilgiftfrösche auf. Was passiert mit diesen Trophäen?

Wir hatten zum Beispiel Ende letzten Jahres den Fall einer Züchterin, die versucht hat, 1.500 Vogelspinnen illegal aus Mexiko einzuführen. Von denen sind tatsächlich ein Großteil wieder ausgewildert worden. Hier hat die internationale Zusammenarbeit geklappt, die oft noch in den Kinderschuhen steckt. Aber in diesem Fall war die mexikanische Regierung an der Rückführung der Spinnen interessiert. Bei ausgestopften Exoten kümmert das die Herkunftsländer meist nicht. Ganz im Gegenteil, die Händler vor Ort leben ja von dem Verkauf dieser Waren an den Touristen.

Was passiert dann mit den Souvenirs?

Bis zum Abschluss des Verfahrens bleiben sie bei uns. Wenn sie dann als rechtskräftig eingezogen gelten, können sie an Museen, Schulen, Universitäten oder Naturschutzorganisationen weitergegeben werden, die Aufklärungsarbeit im Bereich des Artenschutzes betreiben. Oder wir nehmen sie selber mit auf Tourismusbörsen und stellen sie dort aus, um potenzielle Touristen darauf hinzuweisen, dass das keine legalen Mitbringsel sind.

Womit hat denn ein Jäger verlorener Schätze bei Entdeckung zu rechnen?

Es ist durchaus nicht so, dass diese Gegenstände nur beschlagnahmt werden. Da können Bußgelder von 25 bis zu 100.000 Mark verhängt werden. Wenn ein Straftatbestand vorliegt, können Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren ausgesprochen werden. Die Frau mit den Vogelspinnen hat neun Monate Bewährungsstrafe bekommen.

Gibt es Souvenirs, die zeitweise richtig in sind?

Schlangen-, Krokodil- und Alligatorenleder in allen Ausführungen, ob als ganze Haut, Aktenkoffer oder Handtäschchen, Stiefel oder Schuh, das wird immer in sein. Elfenbein ist nach wie vor begehrt als Schnitzerei, als Schmuckstück oder ganzer Stoßzahn. In den letzten Jahren hat sich das zunehmend auf Dinge aus dem Meer verlagert: Riesenmuscheln, Korallen, Fechterschnecken, Ganzkörperpräparate von Meeresschildkröten, das sind die Renner. Oder kitschig bemalte Schildkrötenpanzer im Südseekolorit.

Was befindet sich denn noch so in Ihrer Kuriosentätenkammer der Fundstücke?

Was mich persönlich am meisten abstößt, sind Tierpräperate, die mit menschlichen Gewohnheiten in Zusammenhang gebracht werden. Wenn einem Alligatoren ein Golftäschchen auf den Rücken geschnallt wird, mit so ganz billigen Golfschlägern aus Zahnstochern. Oder wir haben hier ein Krokodil, das an einem Bambus lehnt und ein Pfeifchen raucht. So etwas finde ich wirklich voll daneben.

Und wie sieht es mit der Zahl der Souvenirjäger aus, werden das von Jahr zu Jahr mehr?

Das Passagieraufkommen steigt von Jahr zu Jahr, und je mehr Touristen in weit entfernte Länder reisen, erreichen wir jedes Jahr das Vorjahresniveau oder übertreffen es. Allein 1999 haben wir bei uns 21.346 artgeschützte Exemplare aus dem Verkehr gezogen bei insgesamt 1.253 Aufgriffsfällen. Das heißt, dass hier drei- bis viermal täglich gegen die Bestimmungen des internationalen Artenschutzes verstoßen wird.

Haben Sie einen Riecher für den typischen Souvenirjäger?

Jeder Kollege, der hier in der Abfertigung tätig ist, hat sein eigenes Raster. Es gibt Kollegen, die grundsätzlich nur Rucksacktouristen kontrollieren, andere haben sich auf die etwas älteren Reisenden spezialisiert. Und weil es so viele unterschiedliche Mitarbeiter gibt, wird auch die ganze Palette der Reisenden abgedeckt. Aber typische Souvenirjäger gibt es nicht.