Neuland vorgestellt

Erstmals erörterte der Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte seine Vorgehensweise öffentlich

KASSEL taz ■ Das Fazit nach dem ersten Workshop des „Arbeitskreises Auswahlverfahren Endlagerstandorte“ (AkEnd) in Kassel fiel dann am Ende doch sehr unterschiedlich aus: Von „einer schönen Alibi-Veranstaltung“ – Heinz Laing, Vertreter von Greenpeace – bis „richtig und unverzichtbar“, die niedersächsische Grünen-Fraktionsvorsitzende, Rebecca Harms. Erstmals hatte der AkEnd die Methodik zur Suche eines Endlagerstandorts der Öffentlichkeit vorgestellt.

Von einem „Versuch eines Neubeginns bei der Endlagersuche“, bei dem diesmal frühzeitig die Öffentlichkeit beteiligt werden solle, sprach Harms, die bezeichnenderweise als einzige bekannte Grünen-Politikerin die Veranstaltung bis zum Ende verfolgte. Die Landtagsabgeordnete aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg betonte hingegen „die Unklarheit, wie die Ergebnisse des Verfahrens dann in Politik umgesetzt“ werden.

Klar wurde auf dem Workshop in Kassel immerhin, dass die Endlagerkriterien, die der Kreis von 15 Endlagerexperten verschiedener Richtungen erarbeitet, in dieser Berliner Legislaturperiode nicht mehr in einer tatsächlichen Standortsuche mündet. Bis 2002 soll der AkEnd nach den Worten des Staatssekretärs im Bundesumweltministerium Rainer Baake allein ein Verfahren entwickeln, wie man unter den verfügbaren Alternativen für ein atomares Endlager die beste auswählt. In den Standortvergleich nach einer Vorauswahl sollen dann auch die bereits weit vorangetriebenen Endlagerprojekte Gorleben und Schacht Konrad einbezogen werden.

Diese Zweigleisigkeit war es, an der sich in Kassel die Kritik von Greenpeace und Bürgerinitiativen entzündete. „Auf der einen Seite werden weiter Fakten geschaffen, soll etwa das Endlager Schacht Konrad demnächst genehmigt werden und gilt für Gorleben nur ein dreijähriges Moratorium“, kritisierte Heinz Laing. „Auf der anderen Seite ist der AkEnd eine Spielwiese, auf der alle schön beschäftigt sind.“

Dass der AkEnd allerdings wirklich schöne Modelle für die Endlagersuche entworfen hat, darüber bestand Einigkeit auch unter den Vertretern von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen, die neben Vertretern aus Wissenschaft, Industrie, Verwaltung, Kirchen und Gewerkschaften die über 200 Teilnehmer des Workshops stellten. Der hannoversche Geologe Jürgen Kreusch nannte die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung „Neuland“. Wenn das Verfahren zur Standortsuche 2002 feststeht, muss es dann noch politisch abgesichert werden, entweder durch eine Gesetzesänderung oder durch einen Beschluss des Bundeskabinetts. Selbst die BI Lüchow-Dannenberg würde anschließend wohl bei der Suche mitarbeiten: „Wir müssen mitspielen, solange der Hauch einer Chance besteht, Gorleben und Schacht Konrad noch zu Fall zu bringen“, sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.

Auch Heinz Laing sagte für Greenpeace, „bei den Umweltverbänden bestehe erstmals Bereitschaft, sich an einer offenen Endlagersuche zu beteiligen“. Doch diese Bereitschaft werde schon jetzt von der Politik verspielt, weil weiter Fakten geschaffen würden. JÜRGEN VOGES