Wie die Landschaften verblühen

10 Jahre nach dem Fall der Mauer unternimmt die Fotografin Elke Nord den Zeitvergleich: „Berliner Ring 2000“ visualisiert den grausamen Wandel im Berliner Umland. Die Bilder sind eine Chronik der Umbrüche und Metaphern des nicht gelungenen Zusammenwachsens von Metropole und Peripherie

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

226 Kilometer lang zieht sich der „Berliner Ring“ als Autobahn um die Stadt inmitten einer Topografie aus Landschaften und Siedlungen, inmitten des städtischen Übergangs zur Peripherie. Wo früher das typische Gesicht ländlicher Idylle und die Spuren dörflicher Abgeschiedenheit, kleinstädtischen Ost-Muffs, brüchiger Straßen oder Fassaden das Bild bestimmten, macht sich heute der Wandel breit und sichtbar als Zustand der Bedrohung. Der unverwechselbaren Welt der eingestürzten DDR sind 10 Jahre nach dem Fall der Mauer die Gegenwart der Großstadt und die Veränderung gefolgt. Der Ring um Berlin wird aufgeforstet mit Gewerbeparks, gefüllt mit Shopping-Malls, Döner-Buden und Fast-Food-Architektur. Der Umbruch hat Teltow, Großbeeren, Falkensee oder Blumberg erfasst mit Signalleuchten, bunten Schaufenstern oder Reklametafeln in einer ästhetisch nicht zu überbietenden Hässlichkeit. Daneben hat man sozialistische Denkmäler abgeräumt, piefige Autocenter erbaut und Straßen asphaltiert. Aus dem „Salon der Dame“ wurde das „Hair-Studio“, aus den „Lichtspielen“ das „Kino Movieland“. Zugleich wachsen gekappte Verbindungen aus Mauerzeiten wieder zusammen, werden Militäranlagen konvertiert und Landschaftsgürtel ausgewiesen. Die Berliner Fotografin Elke Nord hat, nach 1990, jetzt zum zweiten Mal mit der Kamera jene 226 Kilometer lange Strecke bereist und dokumentiert. Den Fotos von einst stellt sie die bunten Bilder derselben Orte von heute gegenüber. „Während es 1990 noch um den Reiz der scheinbar heilen Welt der DDR ging, geht es jetzt um die Darstellung der Verluste, Irritationen und Verwerfungen trotz des ökonomischen Aufschwungs“, sagt Nord. Das ist ein wenig Schwarzweiß- versus Buntmalerei. Aber mit melancholischem und ironischem Blick zeigt sie eine Chronik der Umbrüche, die zugleich eine Chronik der Einheit und Metapher des nicht gelungenen Zusammenwachsens der Menschen und Länder und der Stadt mit seinem Umland ist. Es sind Bilder voller Fehler.

Die Ausstellung „Berliner Ring 2000 – Bilder und Texte vom Wandel“ ist bis zum 21. Oktober im Willy-Brandt-Haus zu sehen. Der Katalog kostet 48 Mark.