Cash macht fesch

■ Eine illustre Runde debattierte über die Sinnlichkeit des Geldes

Ein guter Tag beginnt für Dagobert Duck mit einem Bad im Geld. Ob Hilmar Kopper den Morgen mit einem frisch gepressten Gläschen Deutschmark beginnt? Zumindest rutschte dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Bank über die feuchten Lippen, dass Geld „ein ganz besonderer Saft ist“. Und als Chef der größten deutschen Saftbar bekannte er gleich danach, dass es ihm durchaus ein sinnliches Vergnügen bereite, mit dem 100-Mark-Schein in seiner Hosentasche zu knistern.

Huihuihui, intime Geständnisse eines Bankers also, die in dessen Antlitz gleich zwei Stunden lang für eine leuchtende Röte sorgten. Doch im Kaminsaal der Handelskammer war niemand peinlich berührt. Im Gegenteil, saßen doch alle dort, um Kopper und vier weiteren DiskutantInnen dabei zuzuhören, wie sie über die „Sinnlichkeit des Geldes“ sinnierten. Wer bei diesem Thema nun TV-übliche Bloßstellungen à la „Ich habe Sex mit meiner Geldbörse“ erwartete, wurde bitter enttäuscht. Stattdessen flüchtete sich das Quintett ins Grundsätzliche, was aus dem Stehgreif heraus bekanntlich grundsätzlich in die Hose geht.

So war über die Sinnlichkeit des Geldes kaum mehr zu erfahren als dass Pastorin Jeanette Köster ohne EC-Karte nicht mehr leben kann und – o, du existentieller Konflikt, du – zugleich im Zeitalter des virtuellen Geldverkehrs die persönliche Begegnung mit dem Geldschein vermisst. Theaterintendant Klaus Pierwoß wiederum nutzte mal wieder die Gelegenheit, die Geldverschwendung bei „Jekyll & Hyde“ zu beklagen, warb für die Sinnenfreuden, die mit Staatsknete in seinem Haus erzeugt werden können und wehrte sich tapfer gegen Koppers Bemerkung, in Amerika gäbe es auch ohne öffentliche Zuschüsse ganz tolle Opern.

Dem Musikproduzenten und Soziologen Dirk Busch war es dann vorbehalten, an den bedenklichen Wertewandel im Land zu erinnern. „Cash ist fesch“ sei das Motto, das den kleinen Mann auf der Straße grimmiger sozialer Kälte aussetze. Kollektives Nicken auf dem sozialmarktwirtschaftlich sozialisierten Podium war die logische Folge. Nach kurzer Schamfrist stimmte Hilmar „Peanuts“ Kopper dann aber doch sein ergreifendes Klagelied über den Staat an, der „erbarmungslos“ den Steuerzahler schröpfe. Und bei der Gelegenheit verlieh er gleich noch seiner Freude Ausdruck, dass heutzutage kein Milchgesicht mehr böse angeguckt würde, nur weil es über Nacht an der Börse 35 Millionen Mark „verdient“ hat. „Diese Entkrampfung beim Thema Geld, das ist gut“.

Zwischendurch merkte der gewiss nicht Schlechtverdiener Pierwoß an, dass er nie mit seinem Geld auskomme. Bildhauer Waldemar Otto verkündete, er habe nie mit Blick aufs Geld, sondern nur aus innerem Bedürfnis heraus Bilder gehauen – was, nebenbei bemerkt, bei einem Ex-Prof nicht wirklich nach dramatischer Entbehrung klingt. Mit Pastorin Kösters bibelgestütztem Segensspruch, nicht das Geld, nur die Sucht nach ihm sei verwerflich, war jener Konsens formuliert, der den Rezensenten endgültig zur Flucht hinaus in die soziale Kälte trieb. zott