: „Das wird bald noch ein großes Thema“
Rohstoff Holz als ökonomische Basis: Die Firma Fallert aus dem badischen Appenweier hat die nachwachsende Energie schon weit vorangebracht
von BERNWARD JANZING
Lothar hat viel Arbeit gebracht. „Lothar“, so nannten die Meteorologen jenen unglückseligen Sturmwind, der vergangenes Jahr eine tiefe Schneise in den deutschen Wäldern hinterließ. Er hat damit nicht nur die Bäume durcheinandergewirbelt, sondern auch den Holzmarkt. Und jetzt verleitet er noch so manchen süddeutschen Waldbesitzer zu unüberlegten Investitionen. „Da glauben manche Leute, sie könnten sich mal eben einen Holzhacker kaufen und dann Hackschnitzel vertreiben“, sagt Klaus Fallert, Unternehmer aus dem badischen Appenweier. Und was passiert in zwei Jahren? Dann werden die Schäden des Orkans weitgehend aufgearbeitet sein, die teuren Geräte werden nutzlos herumstehen – noch längst nicht amortisiert. Nein, so spontan könne man kein Geschäft aufziehen. Und vor allem tue man damit auch der Holzenergie wahrlich keinen guten Dienst. Denn die brauche schließlich Beständigkeit.
Firmenchef Fallert weiß, wovon er spricht. Am Rande des Schwarzwaldes, nahe Offenburg, hat er seit 20 Jahren Erfahrungen mit Holzenergie gesammelt. In den 80er-Jahren noch verspottet und verlacht, betreibt er heute mit zehn Mitarbeitern eines der bundesweit führenden Unternehmen der Branche.
Denn Holzenergie ist heute weitaus mehr als nur das klassische Holzscheit, das vor dem Haus lagert, um im Kachelofen verheizt zu werden. Holzenergie hat heute viele Facetten. Am bekanntesten sind neben dem Stückholz die Holzhackschnitzel, daumengroße Teile, die mit Tankwagen angeliefert, ins Lager gepumpt und von dort vollautomatisch der Heizung zugeführt werden. Dieses Prinzip bietet sich für Großanlagen an: 25 bis 30 Kilowatt sollte ein Hackschnitzelbrenner leisten. Daher stehen diese Anlagen – besonders häufig findet man sie in Süddeutschland – meist in öffentlichen Gebäuden und versorgen zudem Nahwärmenetze.
Mit seinen Hackern produziert Fallert die Schnitzel dort, wo das Holz anfällt. Die Maschine zieht durch eine 60 mal 80 Zentimeter große Öffnung ganze Baumstämme ein und produziert bis zu 150 Schüttkubikmeter Holzschnitzel pro Stunde. Auf seinem 65.000 Quadratmeter großen Firmengelände lagert Fallert das Holz schließlich ab, um es bei Bedarf auszuliefern. „In Kürze werden unsere Lagerkapazitäten erschöpft sein“, sagt Fallert.
Hackschnitzel sind ein attraktiver, weil unkomplizierter Brennstoff. Sie können ungetrocknet verfeuert werden – die Feuerungsanlagen sind darauf ausgerichtet. Fallert liefert Hackschnitzel für Holzheizanlagen in ganz Baden-Württemberg frei Haus. Unter den Abnehmern ist auch eine Anlage in Adelsbesitz: Die gräflichen Gewächshäuser auf der Insel Mainau im Bodensee werden mit Holz beheizt. Viele Kommunen wärmen ihre Schwimmbäder, Rathäuser und Schulen mit Holz und beziehen von Fallert regelmäßig den Brennstoff. In einigen Fällen betreibt er die Anlagen selbst und liefert als Contractor die Wärme.
Auch für Häuslebauer hat Fallert Holzwärme im Angebot. Für den privaten Nutzer bieten sich Holzbriketts und Pellets an. 1.200 Tonnen Briketts hat die Firma Fallert im vergangenen Jahr produziert und 1.500 Tonnen Pellets verkauft.
Beide Brennstoffe werden aus Sägespänen gepresst, die von Sägewerken angeliefert werden. Während die Briketts wie Kohle im Ofen verheizt werden, eignen sich die Pellets mit 6 Millimeter Durchmesser und 5 bis 30 Millimeter Länge besonders für den automatischen Heizungsbetrieb. Wie eine Gas- oder Ölheizung zündet die Pelletheizung selbst und stellt sich auch allein ab – durch Thermostat oder Zeitschaltuhr gesteuert. Der Nachschub des Brennstoffs erfolgt ebenfalls automatisch.
„Der Komfort ist vergleichbar mit dem einer Öl- oder Gasheizung, weiß der Holzexperte. „Besonders Kunden, die Solarenergie nutzen und auch ihren Restenergiebedarf ohne fossile Energien decken wollen, nutzen Pellets gern“, hat Fallert beobachtet. Und er ist sicher: „Das wird in den kommenden Jahren ein großes Thema.“ Ökologisch ist das höchst attraktiv, weil das Holz ansonsten in den Wäldern verrottet und beim Verbrennen nicht mehr Kohlendioxid freisetzt, als es schon während seiner Wachstumsphase der Atmosphäre entzogen hat.
Die Expansion des Unternehmens ist, regional betrachtet, weitgehend abgeschlossen. „Im Umkreis von 150 Kilometern ist der Vertrieb sinnvoll“, sagt der Firmenchef. Größere Entfernungen erhöhen nicht nur die Transportkosten, sondern reduzieren die ökologischen Vorteile der Holzenergie. Auf seinem Firmengelände sind Fallerts Planungen in Richtung Holzkraft schon weit gediehen. Ein holzgefeuertes Blockheizkraftwerk soll in Zukunft bis zu 5 Megawatt Strom erzeugen und das Doppelte an Wärme erbringen. Die Wärme braucht Fallert, weil er im Auftrag von Schreinereien auf seinem Hof auch Hölzer trocknet.
Durch des Erneuerbare-Energien-Gesetzes wird die geplante Anlage wirtschaftlich. 40 Millionen Kilowattstunden Strom wird sie jährlich regenerativ erzeugen und dafür etwa so viele Hackschnitzel benötigen, wie Fallert derzeit verkauft: rund 80.000 Kubikmeter im Jahr. Eine Menge Holz.
Freilich ist der Brennstoff ein heimischer Rohstoff: Importholz kommt für Fallerts Hackschnitzelfertigung nicht in Frage – die Energiebilanz würde durch die weiten Transporte einfach viel zu schlecht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen