Die nächste Debatte kündigt sich schon an

SPD und Grüne billigen Riesters Rentenreform im Grundsatz. Doch die CDU verweist schon auf das nächste Problem: die nachgelagerte Besteuerung

BERLIN taz ■ Als Walter Riester am Montag in der SPD-Fraktion sein Rentenpapier vorstellte, ließen die Abgeordneten Milde walten. Der Arbeitsminister, der so viele Schläge in letzter Zeit hatte einstecken müssen – zuletzt mit seiner Überlegung, das Eintrittsalter für die Renten von 65 auf 67 zu erhöhen – wurde tunlichst geschont.

In der SPD-Fraktion gab es eher verhaltene Kritik – unter anderem an der Regelung, wonach der Aufbau des Privatstocks in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht paritätisch, also ohne Beteiligung der Arbeitgeber und zu Lasten der Arbeitnehmer, erfolgen soll.

Riester wirkte erleichtert, als sowohl in der eigenen als er auch der grünen Fraktion Zustimmung erhielt. Ulla Schmidt, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, fasst die Stimmung zusammen: „Nicht euphorisch, aber das kann es bei solch einer schwierigen Materie auch nicht sein“. Die SPD-Frauen halten dem Modell vor allem zugute, dass es das von ihnen favorisierte Rentensplitting nun wieder enthält. Künftig können demnach Eheleute ihre Rente teilen. Die während der Ehe erworbenen Ansprüche werden halbiert. Sie führen schon zu Lebzeiten beider Ehegatten zu eigenen Renten, gelten auch im Hinterbliebenenfall und bleiben damit auch für den Fall einer Wiederheirat erhalten. Das sei, so Schmidt, ein „wirklicher Durchbruch“.

Von einer „Jahrhundertentscheidung“ wird in der SPD auch bei der Rente für arbeitende Mütter gesprochen. Erziehungsberechtigte – also meist Frauen mit Kindern, die oft als Teilzeitkräfte oder Geringverdienende tätig sind – werden künftig bei der Rentenberechnung aufgewertet. Wer in den ersten zehn Erziehungsjahren nur wenig verdiente, wird aufgestockt. Diese Aufstockung kann maximal das Durchschnittseinkommen erreichen.

Diese Regelung gilt auch für Erziehungsberechtigte, die ein behindertes Kind bis zu dessen 18. Lebensjahr pflegen.

Ob die Union Riesters Rentenreform mittragen wird, ist indes noch offen. CDU-Chefin Angela Merkels zurückhaltende Äußerungen und die grundsätzliche Bereitschaft, an diesem Freitag an den Verhandlungstisch zurückzukehren, lassen in der SPD die Hoffnung keimen, dass am Ende ein breiter Konsens erreicht wird.

Der Part des möglichen Spielverderbers fiel gestern Unions-Fraktionschef Friedrich Merz zu. Dass der Entwurf die Gefahr einer künftig „nachgelagerten Besteuerung“ der Renten verschweige, sei keine gute Grundlage für ein vertrauensvolles Gespräch.

In der Tat kommt auf Riesters Modell noch einmal eine Bewährungsprobe zu. Beim Bundesverfassungsgericht ist eine Klage anhängig, die die nachgelagerte Besteuerung der Beamtenpensionen betrifft. Sie werden bei der Auszahlung an die pensionierten Beamten (daher „nachgelagert“) voll besteuert. Bei der Auszahlung an die Empfänger einer gesetzlichen Rente wird hingegen nur ein Viertel, der so genannte Ertragsteil, besteuert. In Riesters jetzigem Modell ist lediglich die „nachgelagerte Besteuerung“ für jene Teile vorgesehen, die die private Vorsorge betreffen.

Dass Merz also an diesen Punkt rührt, ist nicht weiter verwunderlich. Erst vergangene Woche hatte Kanzler Gerhard Schröder seinen Finanzminister Hans Eichel zur Räson gerufen. Der hatte verlangt, Riester sollte schon jetzt die „nachgelagerte Besteuerung“ für die gesetzliche Rente in seiner Reform berücksichtigen. „Wir sollten nichts überstürzt angehen“, verteidigt nun SPD-Vizefraktionschefin Ulla Schmidt Riesters Vorgehen. Man wolle das Urteil aus Karlsruhe abwarten. 2001 will Karlsruhe sprechen – ein Jahr vor der Bundestagswahl.     SEVERIN WEILAND