Fraktionshickhack in der Jungen Union

■ Erstmals seit 16 Jahren trifft am Sonntag das Schiedsgericht der Jungen Union zusammen / Wurde für Wahlen zum Landesvorstand „Stimmvieh“ angekarrt, das nicht stimmberechtigt war?

In der Jungen Union Bremen hängt der Haussegen schief. Erstmals seit 16 Jahren wird am Sonntag das Schiedsgericht der CDU-Nachwuchsorganisation zusammentreffen. Grund: vermutete Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen der Kreisjahres-Hauptversammlung des größten Kreisverbandes Bremen Stadt am 1. April. Unstrittig ist, dass mindestens neun Neu-JUler bei den Delegierten-Wahlen für den Landestag abgestimmt haben, obwohl sie noch keine Mitgliedsbeiträge bezahlt hatten.

Was nach einem kleinen Faux-pas klingt, könnte allerdings schwerwiegende Folgen für die Junge Union haben: Waren die Stimmen der gerade erst Eingetretenen ungültig, müssten Kreisvorstand und Delegierte vielleicht neu gewählt werden. Auch die Wahlen, an denen die Delegierten am Landestag teilgenommen haben, könnten unrechtmäßig sein, so dass womöglich sogar die Wahl des JU-Landesvorstands und des neuen Landesvorsitzenden Claas Rohmeyer in Frage gestellt wird. Im Kreisverband Bremen-Nord soll es ähnliche Probleme gegeben haben, die allerdings am Sonntag kein Thema sein werden.

Eine Hand voll Junge-Union-Renegaten hat den Stein ins Rollen gebracht und die Überprüfung des Falles beantragt. Geklärt werden soll, ob die Satzung erlaubt, dass Mitglieder abstimmen, ohne ihren Beitrag gezahlt zu haben. Unzweifelhaft steht im Paragrafen sechs der Bremer Satzung, dass nicht abstimmen darf, „wer seinen Beitrag für den Monat nicht entrichtet hat, der dem Monat, in dem die Wahl oder Abstimmung stattfindet, vorausgeht“.

Diejenigen, die nicht am Wahlergebnis rütteln wollen, berufen sich auf das Statut der CDU Deutschland. Darin steht nebulös, dass die Rechte eines Mitglieds ruhen, „wenn es länger als sechs Monate mit seinen Beitragszahlungen schuldhaft im Verzug ist“. Dieses Statut, wird argumentiert, stehe über der Satzung der Landes-JU.

Die Sache wäre wohl nie aufgeflogen, gäbe es nicht Unzufriedenheiten mit den Wahlergebnissen. Der neue JU-Chef Rohmeyer hatte sich nur knapp gegen den Kandidaten Michael Bartels durchgesetzt. Rohmeyer gilt als enger Vertrauter des CDU-Fraktionschefs in der Bürgerschaft, Jens Eckhoff. Eckhoff seinerseits hatte seinen Vorgänger Ronald-Mike Neumeyer aus dem Amt geputscht, was ihm manche bis heute nicht verziehen haben.

Die drei Richter des Schiedsgerichtes haben nun auch darüber zu befinden, ob ein Wandel in der politischen Kultur bei der Jungen Union (Wahlslogan: „Wir machen's für Bremen“) eingeläutet werden muss. So war es immer üblich, dass die einzelnen Gruppen „ihre“ Kandidaten dadurch stützten, dass sie im letzten Moment Neumitglieder präsentierten. Um den Mobilisierungskräften der jeweils anderen Gruppe zuvorzukommen, wurden die Neumitglieder immer so spät wie möglich aus dem Hut gezaubert.

Auch die drei Mitglieder des Schiedsgerichts wurden übrigens durch den Landestag gewählt und stünden bei Neuwahlen zur Disposition. Neben dem Rechtsanwalt Oliver Liesmann ist auch Rohmeyer-Vorgänger Andreas Windler in dem parteiinternen Gremium vertreten. Der Dritte im Bund ist CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff. Das Problem der Befangenheit sieht er nicht. Christoph Dowe