sydney-syndrom
: JAN FEDDERSEN über Sportler am Mikrophon

Kristin & Franziska

Boris Becker hat es einmal so schön wie nüchtern formuliert: Er werde im Leben nie wieder etwas so gut können wie Tennisspielen. Eine Bilanz, die wohl die meisten Spitzensportler so formulieren würden. Bitter, weil ein Sportlerleben außer beim Dressurreiten ja sehr jung endet. Und den eigenen Leistungszenit schon mit Mitte zwanzig überschritten zu haben, macht jede weitere Sinnsuche schwierig.

Nur wenige von ihnen haben je den Sprung ins mediale Unterhaltungsgewerbe geschafft, noch weniger machten es erfolgreich. Erhard Keller war so einer, erst zweifaches Gold im Eisschnelllaufen (Grenoble und Sapporo), später, in den Siebzigerjahren, Moderator der legendären TV-Show „Spiel ohne Grenzen“. Heute ist er Zahnarzt.

Andere fielen durch eine gewisse Unlockerheit auf: Am Mikrophon haben sie noch fast alle gestottert. Die aktuell Prominteste von ihnen ist die frühere Eisschnellläuferin Franziska Schenk. Im Gegensatz zu Kolleginnen wie Gunda Niemann oder Claudia Pechstein hielt sie sich nur wenige Wochen und nicht viele Jahre in der Weltklasse auf, hatte aber immer die besseren Sponsorenverträge – was auch daran lag, dass die Schenk nach Maßstab des Playboy die vermarktbarere Figur aufwies.

Nun ist sie für die ARD in Sydney am Start, beauftragt, Sportler zu interviewen. Und wer bisher dachte, dass ihre Versprecher beim Sporttelegramm am Sonntag mit einer fehlenden Brille zusammenhängen und sie die Schrift auf dem Teleprompter nicht richtig entziffern kann, ist nun eines anderen belehrt: Die Erfurterin haspelt auch dann, wenn sie frei fragen könnte. Atemlos belehrt sie die Athleten („Du musst jetzt enttäuscht sein“), ratlos fuchtelt sie mit dem Mikro vor deren Köpfen herum.

Nein, so wird es mit Franziska Schenk nie etwas – und das ist der Unterschied zu Kristin Otto, auf deren angebliche und uneingestandene Dopingvita alle westliche Welt herumhackt. Nie stellt sie Fragen zur chemischen Verseuchung im Schwimmbecken, aber sie ist kundig, kühl und gelegentlich freudig erregt.

Sie ist überhaupt eine gute Sportjournalistin, aber sie ist die Beste von allen, die selbst einmal Medaillen sammeln wollten. Sie verdient endlich, gegen Michael Steinbrecher als Moderatorin des „Aktuellen Sportstudios“ ausgewechselt zu werden. Dann würde die Show wenigstens sportkundiger werden. Dass Boris Beckers Engagement bei RTL in Sachen Champions League scheitert, ist nicht weiter tragisch und war zu erwarten. Franziska Schenk aber fehlen für derlei Selbstreferenzen einfach sechs Grand-Slam-Titel oder, so das Zeugnis der Kristin O., sechs olympische Goldmedaillen.