Nachgefragt
: Speckflagge in Pink

■ Nach der Hochzeit mit der Telekom fehlt ein Viertel der Mittel des TIME-Programms

Am Freitag unterzeichneten Henning Scherf und Telekom-Chef Ron Sommer einen 50 Millionen Mark schweren Kooperationsvertrag. Die Grüne Anja Stahmann kritisiert, dass der Vertrag hinter verschlossenen Türen ausgehandelt wurde.

Kommen jetzt goldene Telekommunikationszeiten auf?

Anja Stahmann, medienpolitische Sprecherin der Grünen: Das könnte man vermuten. Jedenfalls hat sich die größte Telekommunikationsmacht in Bremen niedergelassen. Es bleibt abzuwarten, in welchen Bereichen nun investiert wird.

Zuerst werden 30 Internet-Klassenzimmer eingerichtet. Wird der Rest der 50 Millionen Mark auch für bürgerfreundliche Projekte ausgegeben?

Das glaube ich nicht. Die Telekom ist kein Charity-Unternehmen, sondern hat handfeste wirtschaftliche Interessen. Bremen soll A-DSL-Testfeld werden, damit die Telekom Rückschlüsse auf das Konsumenten-Verhalten im Medium Internet ziehen kann. Aber auch andere Bereiche sind hier interessant.

Welche?

Es sollen ja auch breitbandige Angebote geschaffen werden. Das bereits existierende, landeseigene Landesbreitbandnetz würde damit konkurrieren. Deshalb wird der Wirtschaftssenator sich wohl vom Landesbreitbandnetz verabschieden. Die Unternehmen, die derzeit angeschlossen sind, würden vermutlich Kunden der Telekom.

Wurde der Telekom mit dem Kooperationsvertrag ein Exklusivitätsrecht eingeräumt?

Man könnte schon sagen: Die Speckfahne wird Telekom-magentafarben. Ganz klar wird die Telekom jetzt eine noch größere Rolle in Bremen spielen, als sie es ohnehin schon tut. Eigentlich sollte der Medienstandort Bremen mit Mittelstandsförderung von unten entwickelt werden, heißt es im TIME-Programm zur Multimedia-Strukturförderung. Aber nun macht der Senat eine Rückwärtsrolle. Offenbar ist es ja auch so, dass die 25 Millionen Mark, die Bremen in die Kooperation eingibt, aus dem 100-Millionen-Mark-Topf des TIME-Programms genommen werden. Also ein sattes Viertel der Mittel.

Wohin geht jetzt die technische Entwicklung in Bremen?

Wahrscheinlich geht man den Weg wie in den USA. Eine einzige Buchse in die Wohnung, aus der man digitales Fernsehen empfangen kann, das Internet nutzen und telefonieren kann. Mit einer Telekom-Beteiligung am Internet-Stadtinformationssystem bremen.de hätte die Telekom zudem eine Plattform, um ihre Dienste anzubieten.

Ist ein solcher Vertrag geeignet, einen transparenten Technikwandel zu organisieren?

Der Vertrag war ein Musterbeispiel für Intransparenz. Der Vertrag wurde weder im Medienausschuss noch in den Wirtschaftsförderausschüssen diskutiert. Alles lief hinter verschlossenen Türen. Nicht klar ist, ob kleinere Unternehmen noch einsteigen können. Eine Studie aus Niedersachsen, wo es eine ähnliche Kooperation gibt, kritisiert die mangelnde Transparenz der Projekte. Vielleicht war der Senat ein bisschen blauäugig, sich auf fünf Jahre festzulegen. Fragen: Christoph Dowe