Weltmusik, Wettbewerb etc.
: Die 4. „Musica Vitale“ in der Werkstatt der Kulturen

Bayrischer Kehlkopfgesang

Man muss Musik schon sehr lieben, um dem Berliner Weltmusikwettbewerb „Musica Vitale“ reinen Genuss abzugewinnen. Da ist zum einen das Ambiente im bieder bestuhlten Konzertsaal der Werkstatt der Kulturen, das einen unweigerlich an dröge Schultheateraufführungen in der Aula zurückdenken lässt. Und da ist zum anderen die schlichte Dauer der Veranstaltung, die nur jene nicht strapazieren dürfte, die asiatische Zeitvorstellungen gewohnt sind. Aber dann versteht sich die Werkstatt der Kulturen ja auch als Lehrstube für Toleranz.

Drückend warm war es, als am Freitagabend das Wettklampfen, -trommeln und -singen zu Ende ging. Jeweils sechs Stunden lang hatten sich zuvor an zwei Abenden die Kurzauftritte der Konkurrenten hingezogen, mal mehr, mal weniger flott. Die letzten Kandidaten, die Gruppe Konkoba aus Guinea, gingen kurz vor Mitternacht mit ihrem Set in die Verlängerung und überbrückten so die Zeit bis zur Bekanntgabe der Preisträger mit Percussionsoli und lebhaften Tanzeinlagen. Doch weil die Beratungen der Jury etwas länger dauerten, räumten die Musiker das Feld, noch bevor das Urteil fest stand, und die Geduld der Anwesenden – überwiegend Freunde und Fans der beteiligten Bands – wurde ein letztes Mal auf die Probe gestellt. Als die Gewinner verkündet wurden, waren nur noch die Hartgesottenen dabei.

Am Samstag präsentierten sich die drei Preisträger dem Publikum aber noch einmal ausführlich: zunächst die Klezmer-Combo Die Grine Kuzine, die schon im Vorfeld als Favoriten galten. Mit ihrem transbalkanischen Party-Folk hatten sie keine Mühe, ihr über die Jahre verfeinertes Repertoire mit dem gewohnten Schwung auf die Bühne zu bringen. Später gab die Gruppe Kriwi betont dostojewskihaft belorussische Folklore mit Punk-Einschlag zum Besten.

Ausgefallenster Preisträger war aber Robert Zollitsch. Zwar hatte sein Auftritt etwas leicht Liedermacherhaftes, und über die Texte mag man durchaus streiten. Doch wie er auf seiner Zither gekonnt von bayrischen Volksmusik-Anspielungen in meditativ-asiatische Atmosphären übergleitete, während seine Stimme höchst effektvoll vom tiefen Bayrisch in brummenden Kehlkopfgesang kippte, das hatte schon was.

Solche Ansätze zu würdigen, die sich nicht in den eingefahrenen Genregleisen bewegen, war ein Anliegen der Jury. Dem Ziel, die Musiker per Auszeichnung einem breiteren Publikum bekannt zu machen, stehen allerdings die Realitäten des Wettbewerbs entgegen. Eine Verlegung in eine freundlicheres Freiluftklima, etwa ins Tempodrom oder an den Mariannenplatz, würde da sicher entscheidend zur Popularisierung beitragen.

DANIEL BAX