Müller verspricht Mullahs Millionen

Deutsche Investoren drängen in den Iran, dessen Wirtschaft gewaltig modernisierungsbedürftig ist. Bundeswirtschaftsminister Müller brachte sie nun nach Teheran. Sogar ein CSU-Rüstungslobbyist war dabei. Er verkauft offiziell Umwelttechnologie

von THOMAS DREGER

Jetzt wird die Rendite eingestrichen. Nachdem Bundesregierung und Bundespräsident im Juli Irans Staatspräsidenten Mohammad Chatami in Berlin und Weimar hofierten, geht es nun um das Geschäftliche. Die größte deutsche Wirtschaftsdelegation seit den Zeiten des Schahs führte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) am Sonntag nach Teheran. Er erwarte in den kommenden Wochen Geschäftsabschlüsse im Wert von einer Milliarde US-Dollar, zitierten gestern iranische Zeitungen den Gast aus Berlin.

34 Unternehmer, Banker und Lobbyisten hat Müller, der heute zurückkehrt, in seinem Tross, darunter BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel. Parallel organisierte der Hamburger Nah- und Mittelostverein die Reise einer 25-köpfigen Handelsdelegation. Unter den Besuchern sind Vertreter fast aller führenden deutschen Unternehmen.

Mit dabei ist auch CSU-Amigo Erich Riedl. Der einstige parlamentarische Staatssekretär unter dem früheren Bundeswirtschaftsminister Jürgen Möllemann gilt als gnadenloser Rüstungslobbyist mit guten Kontakten zu dem Waffenhändler Karlheinz Schreiber. Nach Teheran führte ihn offiziell ein Auftrag der auf Transport- und Umwelttechnologie spezialisierten Ingenieursfirma Gauff.

Vor allem in den Bereichen Infrastruktur, Telekommunikation und Elektrizität wollen deutsche Firmen in der Islamischen Republik investieren. Letzteres hat im aktuellen Fünfjahresplan der iranischen Regierung Priorität. Die Staatsführung rechnet damit, dass der Energieverbrauch der IranerInnen bis zum Jahr 2005 um 35 Prozent steigen wird, und plant deshalb den Bau von fünf Kraftwerksblöcken und einem Staudamm. Die Hälfte dieses Auftrags soll an deutsche Firmen gehen.

Abgesichert werden diese Geschäfte durch Hermes-Exportbürgschaften. Die hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder anlässlich Chatamis Deutschlandbesuch von 200 Millionen auf eine Milliarde Mark aufgestockt. Müller deutete nun eine mögliche weitere Erhöhung an.

Zuvor müssen jedoch bürokratische Hürden beseitigt werden, die iranische Behörden ausländischen Investoren gerne in den Weg legen. Allen voran die vor zwei Jahren eingeführte Besteuerung, die nach Ansicht der Bundesregierung gegen das deutsch-iranische Doppelbesteuerungsabkommen verstößt.

Chatamis Visite in Berlin sei ein „Wendepunkt in den deutsch-iranischen Beziehungen“ gewesen, erklärte Müller seinen Gastgebern. Vergessen sind damit der Mord an vier oppositionellen iranischen Kurden durch den iranischen Geheimdienst 1992 in dem Berliner Restaurant „Mykonos“ und das inzwischen aufgehobene Todesurteil gegen Helmut Hofer. Stattdessen sieht Müller „hoffnungsvolle Zeichen“: Im ersten Halbjahr 2000 stiegen gegenüber dem Vorjahreszeitraum die iranischen Exporte nach Deutschland um gut 40 Prozent, die deutschen Ausfuhren Richtung Iran um fast 25 Prozent. Während Deutschland vor allem Maschinen und Elektroerzeugnisse liefert, verkauft Iran Teppiche, Pistazien und vor allem Öl. Iran ist die Nummer vier unter den Erdölproduzenten und verfügt über die zweitgrößten Erdgasreserven der Welt.

Dank des von 10 auf 30 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) gestiegenen Ölpreises ist der bisher chronisch marode Staat inzwischen wieder halbwegs liquide. Bei Irans Geschäftspartnern löste das allerdings nicht nur Freude aus. So plädierte Müller gegenüber Ölminister Bidschan Namdar-Sanganeh für eine dauerhafte Senkung des Ölpreises auf 25 Dollar. Die Europäer sollten besser die Erdölsteuern senken, erwiderte der Ölminister. Das Wort Ökosteuer kam ihm zum Glück nicht über die Lippen.