Börsenfieber: Spielgeld vom BVB

Dortmund geht als erster deutscher Fußballclub an die Börse. Aktienpreis entspricht Stehplatzkarte. Analysten warnen

DORTMUND/HAMBURG taz ■ Borussia Dortmunds Fans müssen umlernen: Der BVB wird zur KGaA. Ab 31. Oktober, so stellte der Fußball-Bundesligist gestern seine Pläne vor, sollen die Aktien an der Frankfurter Börse frei gehandelt werden. Zeichnungsfrist ist der Zeitraum vom 23. bis 27. Oktober. Rechtsform: Kommanditgesellschaft auf Aktie. Der Club erwartet Zuflüsse „in dreistelliger Millionenzahl“, so Präsident Gerd Niebaum. Erwarteter Preis: Gut 10 Euro, also der Preis einer Stehplatzkarte Südtribüne.

Verbraucherschützer warnen jedoch: Die Erfahrungen der 33 Fußballunternehmen in Europa sind ernüchternd. Die meisten Kickerkurse dümpeln vor sich hin: Bereits im Oktober 1983 war Tottenham Hotspurs als erste europäische Fußball-AG in London an die Börse gewechselt. Erst ein Jahrzehnt später traute sich der zweite Club: Manchester United. Es folgten seit Mitte der 90er-Jahre über 20 so genannte Initial Public Offerings in Großbritannien und ein gutes Dutzend in Dänemark, der Schweiz, Italien und den Niederlanden.

Losgetreten hatte das Fußballfieber der Börsianer einst das Privatfernsehen, das Fußball für die Durchsetzung seiner neuen Programme und Kanäle braucht. Aus dem guten alten Verkauf von Fanartikeln für ein paar Kuttenträger wurde das Merchandising, ein Millionengeschäft. Dazu kamen bei einigen Vereinen eigene Pay-TV-Kanäle. Dies alles ist jedoch unterm (Bilanz-)Strich nicht gut genug. Langfristig hat eine Fußball-Aktie nur eine Chance, wenn sie sich zu einer echten Unterhaltungs-Aktie wandelt. „Für den nachhaltigen Erfolg der Entertainment-Aktie bedarf es eines erfolgreichen, professionellen Managements, einer soliden wirtschaftlichen Entwicklung und eines klaren Markenprofils“, sagt ein Analyst von Dresdner Kleinwort Benson.

Besonders wichtig finden Finanzprofis „fußball-arrondierende Geschäftsfelder“. Bedeutet: Gaststätten und Catering, Multimedia und Unterhaltung, Hotels und Touristik. Da die Beine der Spieler seit dem Bosman-Urteil für die Bilanz nichts mehr Wert sind, setzen Finanzanalysten auf Immobilien. Die besitzt Borussia immerhin mit seinem Stadion. Aber: „Anfangs wurde alles gekauft, was am Markt war“, bedauert Roswitha Dröber, Autorin einer Investment-Studie über englische Fußballclubs. Folglich hätten sich die Kurse zunächst verzehnfacht. Schon 1997 verlor sich dann die Euphorie, als die Einnahme-Erwartungen drastisch gesunken waren. Inzwischen ist der „Football Club Index“ fast aller britischen Soccer-Aktien mit weniger als 600 Punkten weit von seinem früheren Höchststand von 900 Punkten entfernt.

Von den britischen Clubs liegen lediglich drei deutlich über dem ursprünglichen Kurs beim Börsenstart: Celtic Glasgow, Tottenham und Manchester. Richtig Geld war jedoch bislang nur mit ManU zu machen. Sonst haben die anlegenden Fans oft die Hälfte ihres eingesetzten Kapitals verloren oder noch mehr! Clubs wie Manchester City und Hibernian Edinburgh mussten wieder aus dem Handel genommen werden. Der Grund: Die AGs waren pleite. Schlechte Erfahrungen machten Börsianer auch in Amsterdam (Ajax) und Zürich: Der Grasshopper-Kurs sackte allein seit Sommer von 32 auf 27 Franken ab.

Die WGZ-Bank, die den BVB mit an die Börse begleitet, weist auf das Kernproblem hin. Fußballaktien sind keine Aktie wie jede andere, sondern noch spekulativer: „Die Erfahrungen zeigen, dass die Kursentwicklung sehr stark von aktuellen sportlichen Ergebnissen abhängt.“ Eine klare Warnung spricht auch Rainer Metz, Finanzexperte der Verbraucher-Zentrale NRW aus: „Fußball-Aktien sind als Geldanlage nicht geeignet.“ Sie sind eher etwas für Fans mit zu viel Spielgeld. HERMANNUS PFEIFFER