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Aufschwung West

Arbeitsmarkt spaltet Ost und West. Bundesanstalt für Arbeit kommt künftig ohne Bundeszuschuss aus

NÜRNBERG taz ■ Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist im September weiter gesunken: Mit 3,69 Millionen Arbeitslosen konnte der Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, gestern den niedrigsten September-Stand seit fünf Jahren vermelden. Nach wie vor beschränkt sich der positive Trend jedoch auf die alten Bundesländer. In Ostdeutschland ist von Aufschwung wenig zu spüren.

Der Rückgang der Arbeitslosenzahlen dürfte besonders Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) freuen. Jagoda hatte den September stets als „Monat der Wahrheit“ bezeichnet: Erst dann ließen sich zuverlässige Vorhersagen über die weitere Entwicklung treffen. Im Jahresschnitt geht Jagoda von 3,85 bis 3,9 Millionen Arbeitslosen aus.

Die Nürnberger Behörde wird daher die Hälfte des Bundeszuschusses von 7,7 Milliarden Mark nicht benötigen. Im kommenden Jahr, so Jagoda, werde die Bundesanstalt gar ohne den Zuschuss aus Berlin auskommen.

Im Westen ist die Arbeitslosigkeit um 61.200 auf nun 2,38 Millionen zurückgegangen – 239.800 Arbeitslose weniger als im Vorjahr. Im Osten verringerte sich ihre Zahl um 34.700 auf 1,3 Millionen – gerade 18.600 weniger als 1999.

Der Rückgang ist jedoch vor allem auf „jahreszeitliche Gründe“ zurückzuführen: Neueinstellungen nach der Urlaubszeit und der Ausbildungsbeginn. Saisonbereinigt nahm die Arbeitslosigkeit im Westen denn auch nur um 18.000 ab, im Osten dagegen um 1.000 zu. Die Schrumpfung der Bauwirtschaft und des öffentlichen Dienstes überlagert dort Fortschritte in anderen Bereichen. Mit 16,6 Prozent liegt die Arbeitslosenquote mehr als doppelt so hoch wie im Westen (7,2 Prozent).

Für die schwierige Situation im Osten macht Jagoda die „besonders einschneidenden Folgen“ der Maueröffnung verantwortlich. Gab es in der DDR 1989 noch 9,75 Millionen Erwerbstätige, sank ihre Zahl bis 1993 auf 6,25 Millionen. Dennoch waren zu diesem Zeitpunkt nur 1,15 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. Denn 1,1 Millionen Menschen wanderten in die alten Bundesländer ab, hinzu kamen Pendler und 850.000 Vorruheständler. Der Westen erlebte bis 1993 denn auch einen regelrechten „Wiedervereinigungsboom“, bevor sich auch dort die weltweite Rezession bemerkbar machte. Die weitere Entwicklung trennte West und Ost zunehmend: In den neuen Ländern stieg die Arbeitslosenzahl seit 1995 um 300.000 an, im Westen sank sie seit 1997 um 550.000. BERND SIEGLER

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