Mit Volldampf in die Koalitionskrise?

■ Koalition im Streit um die Reform der Kulturverwaltung: Einen Vorschlag der SPD hält CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff für nicht diskussionswürdig / Jetzt droht der Koalitionsausschuss

Was die SPD will, will die CDU auf gar keinen Fall – so was nennt man den Anfang eines deftigen Koalitionsstreites. Auf den steuern CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff und Carmen Emigholz, kulturpolitische Sprecherin der SPD, schwungvoll zu. Anlass ist ein kulturpolitisches Thema, über das die große Koalition schon seit Wochen ohne Anzeichen der Annäherung debattiert. Im Gegenteil: Die Fronten verhärten sich, selbst die Einberufung des Koalitionsausschusses hält Eckhoff inzwischen für „durchaus denkbar“.

Welche Rolle soll künftig die zu Jahresbeginn gegründete private Controllingfirma kultur.management.bremen (kmb) in Bremens Kulturpolitik spielen – das ist die Frage, um die es geht. Während sich die CDU-Fraktion, allen voran ihr Chef Eckhoff, für die weitgehende Entmachtung der Kulturverwaltung zu Gunsten der kmb stark macht und die Controllingfirma zur beliehenen Unternehmerin machen will, kann die SPD dem gar nichts abgewinnen. Unter Beleihung versteht man die Übertragung hoheitlicher Aufgaben wie etwa der Kulturförderung an eine privatrechtlich organisierte Gesellschaft wie etwa die kmb. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der ernüchternden Erfahrungen mit privaten Gesellschaften beim Musical „Jekyll & Hyde“ lehnt die SPD die Inthronisierung der kmb ab. Sie befürchtet dadurch eine Beschneidung des politischen Einflusses auf die kulturpolitischen Entscheidungen.

Mit Rückendeckung ihrer Fraktion hat Carmen Emigholz nun in dieser Woche ein Modell vorgestellt, das eine Reform der Kulturverwaltung ohne Privatisierung vorsieht. Das Modell hat einen entscheidenden Haken – den Koalitionspartner interessiert es nicht die Bohne. „Die Fraktionen von CDU und SPD hatten sich vor Monaten klar auf die Beleihung verständigt. Dass die SPD davon plötzlich nichts mehr wissen will, löst bei uns nicht den geringsten Diskussionsbedarf aus“, erklärte Eckhoff gegenüber der taz. „Die CDU will die Beleihung auf jeden Fall – und das ziehen wir auch bis zum Ende durch“, so Eckhoff. Ein Umfallen der SPD in dieser Frage sei kein Problem der CDU.

Emigholz bringt das auf die Palme. „Ich bin nicht bereit, Trotz- und Drohgebärden von Herrn Eckhoff als Ersatz für Politikfähigkeit zu akzeptieren.“ Eine Beleihung käme für die SPD nicht in Frage, auch weil die dafür nötigen Verwaltungs-schritte bis zu anderthalb Jahren dauern könnten. Diese Zeit habe man nicht. Über Alternativen zur Beleihung könne man aber jederzeit reden.

Zusätzliche Brisanz bekommt dieser Streit vor dem Hintergrund, dass das Kulturressort in CDU-Hand ist. Doch im Gegensatz zu Eckhoff haben sich weder Kultursenator Bernt Schulte noch Staatsrätin Elisabeth Motschmann als vehemente Befürworter der Beleihungsvariante hervorgetan. Auf Nachfrage gibt sich Motschmann bedeckt: „Die Position der CDU-Fraktion ist das eine. Ich aber habe die Hausmeinung zu vertreten. Und die heißt: Erst Ende Oktober wird der Senator erklären, ob es zur Beleihung kommt oder nicht.“ Spannungen zwischen Schulte und Eckhoff kann Motschmann da nicht entdecken. „Im Gegenteil: Das Kulturressort hat ein wirklich gutes Verhältnis zur CDU-Fraktion und ihrem Vorsitzenden.“ Nicht erst seit Eckhoffs spektakulärer Intervention mitten in die von Schulte geleitete Kulturdeputationssitzung Ende September mehren sich daran die Zweifel. Wie berichtet, hatte damals der CDU-Fraktionschef dem CDU-Kultursenator via Handy diktiert, was die Haltung der CDU in der Kulturpolitik ist. CDU-Insider glauben, dass Eckhoff jetzt den Kulturstreit vor allem dazu nutzen will, den bislang glücklos agierenden Schulte rechtzeitig vor der nächsten Landtagswahl endgültig zu demontieren. zott