Lügen und Quoten

Die peruanische Boulevard-TV-Queen Laura Bozzo gilt als Handlangerin des Fujimori-Regimes. Jetzt kehren sich ihre eigenen Methoden gegen sie

aus Buenos Aires INGO MALCHER

Mit Krawall macht sie Quote. Wenn es darum geht, Millionen von Lateinamerikanern vor den Fernseher zu locken, kennt die peruanische Fernsehmoderatorin Laura Bozzo kein Pardon. In ihrer Talkshow packt sie heiße Eisen an: Wer mit wem, wann und warum? Laura weiß es, liefert Augenzeugen. Im Studio wird dann das moralisch verwerfliche Verhalten diskutiert. Wer am Pranger steht, hat nichts zu lachen: Studiogäste und Anrufer fallen über sie oder ihn her. Und Laura, die ihre Fans Dr. Laura nennen, gefällt sich dabei in der Rolle des Moralapostels.

Auch dann, wenn die durch den Schmutz gezogene Person sich oftmals nicht wehren kann, weil sie überhaupt nicht eingeladen wurde. Hier hat das Sendekonzept deutliche Anklänge an den bisherigen Umgang des Fujimori-Regimes mit seinen Kritikern.

Die Parallelen kommen nicht von ungefähr: Immer wieder hat sich Laura Bozzo auch politisch für den jetzt schwer angeschlagenen peruanischen Präsidenten nützlich gemacht. Demonstranten in Lima nannten sie daher auch schon mal „die Liebhaberin den Regimes“ und wollten sie zusammen mit Alberto Fujimori „in ein ganz dunkles Verließ sperren“. Keiner zweifelt daran, dass sich beide dort ausgezeichnet verstehen würden.

Als kurz vor den umstrittenen Wahlen im Frühjahr der Oppositionskandidat Alejandro Toledo in Umfragen gefährlich nahe an Fujimori herankam, zog Fujimoris Geheimdienstberater Vladimiro Montesinos alle Register und spannte die Massenmedienfür seine Dienste ein. Ein Boulevardstar, der sich hierfür gerne zur Verfügung stellte, war Laura Bozzo. Eines Abends hatte sie die Mutter eines achtjährigen Mädchens zu Gast, die mit Tränen in den Augen auf ihre Tochter deutete und behauptete, sie sei die uneheliche Tochter von Toledo. Der aussichtsreiche Kandidat wolle das Mädchen aber nicht als seine Tocher anerkennen. „Wenn er so seine Tocher im Stich lässt, was wird er erst mit dem Land machen?“, hatte Laura damals empört in die Kamera gefragt.

Sprung nach Europa

Bozzos Sendung „Laura in Amerika“ zählt dennoch zu den populärsten Talkshows in ganz Mittelamerika, über die Sender des Medienkonzerns Globo ist sie auch in den USA zu empfangen. Und wie Zeitungen in Lima kürzlich meldeten soll das Format bald auch Europa erobern: Der spanische Sender Tele 5 hat die Senderechte gekauft.

Wie Fujimori, der sich dem Druck der Opposition beugen und vorgezogenen Neuwahlen im Juli 2001 zustimmen musste, steht Laura Bozzo allerdings derzeit selbst am Pranger: Im Talkprogramm eines Konkurrenz-senders trat ein ehemaliger Kollege von Bozzo auf und behauptet, die Moderatorin habe in den Umbaupausen ihrer Show immer mit jemandem telefoniert, den sie zärtlich „Baby“ nannte. Wegen eines technischen Fehlers sei die Stimme des Gesprächspartners aber für alle im Studio zu hören gewesen. Dieser jemand soll nun kein geringerer als eben jener Vladimiro Montesinos, Fujimoris Mann fürs Grobe gewesen sein, dem vor wenigen Tagen die Flucht nach Panama gelungen ist.

Montesinos galt als De-facto Chef des peruanischen Geheimdienstes und soll auch treibende Kraft bei der plötzlichen Enteignung des Medienunternehmers Baruch Ivcher gewesen sein, dessen TV-Kanal Frequencia Latina einen Fujimori-kritischen Beitrag gebracht hatte.

Nachdem sich der Wind in Peru nun gedreht hat und Fujimoris Regierung auseinanderzufallen droht, stürzt sich auch die früher regimetreue Boulevardpresse auf den Fall: Die angebliche Affäre von Laura Bozzo und Montesinos schlägt Wellen. Für die Sendung am nächsten Abend fand sich neben dem schon zitierten Exkollegen überraschend schnell auch eine weitere Kronzeugin: Bozzos Wahrsagerin.