Entscheidung über Export der MOX-Fabrik erst 2001

Vertraulicher Bericht des Wirtschaftsministeriums: Projekt- und Finanzierungsplan über russisches Plutonium liegt bis zum G-8-Gipfel in Genua vor

FRANKFURT taz ■ Jetzt ist es amtlich: Eine Entscheidung für oder gegen den Export der nie in Betrieb gegangenen Hanauer MOX (Mischoxyd)-Brennelementefabrik der Firma Siemens nach Russland wird erst nach dem nächsten G-8-Gipfel im Sommer 2001 gefällt werden können. Das geht aus einem der taz jetzt zugespielten vertraulichen Bericht über die Genehmigung von Rüstungsexporten des Wirtschaftsministeriums für den Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Technologie hervor. Danach soll ein „detaillierter Projekt- sowie ein internationaler Finanzierungsplan für die Entsorgung des abgerüsteten russischen Waffenplutoniums bis zum Genua-Gipfel im Jahr 2001“ ausgearbeitet werden. Rund 160 Millionen Mark will Siemens für die Anlage noch haben.

Von der Finanzierung hat der Konzern seine „Exportbereitschaft“ abhängig gemacht. Und auch die Bereitschaft, sich mit eigenem Personal am Wiederaufbau der Anlage zur Assemblierung von Brennelementen aus Waffenplutonium und Uran (MOX) im russischen Atomkomplex Majak zu beteiligen. Der Projektleiter „Rückbau“ Siemens in Hanau, Helmut Rupar, hätte auch nichts dagegen, die dann russische MOX-Fabrik mit deutschen Experten in Betrieb zu nehmen. Noch ist allerdings nicht ganz sicher, ob die deutsche Anlage überhaupt gebraucht wird. Gegenüber der taz erklärte der Sprecher im Wirtschaftsministerium, Frank Bonaldo, dass sich die Russen ganz offenbar auch noch andere Optionen offen halten wollten. Noch jedenfalls würden die Verantwortlichen dort weitere Gespräche „gezielt auch mit den Franzosen“ führen. Nur eines scheint schon festzustehen: Eine Verglasung und Endlagerung des Bombenstoffes kommt für die Russen nicht in Frage. Das Plutonium ist für Moskau eine Energiereserve. Mit den MOX-Brennelementen wollen sie vor allem ihren maroden schnellen Brüter Belojarsk-3 füttern. Der vertrauliche Bericht gibt auch Auskunft über die Kompetenzverteilung innerhalb der Bundesregierung beim Export von Rüstungsgütern. Genehmigungsbehörde ist demnach das Bundesausfuhramt (BAFA). Die Genehmigungsentscheidung allerdings bleibe den Ressorts – Auswärtiges Amt, Wirtschaftsministerium, Verteidigungsministerium – vorbehalten. „Politisch wichtige Entscheidungen oder Fälle, in denen die Ressorts nicht zu einer einheitlichen Beurteilung gelangen“, seien allerdings dem Bundessicherheitsrat vorzulegen, heißt es weiter. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT