Die Wissenschaft der Mauerkunst

Fast niemand kommt zwar auf die Idee, den Bildschirm seines Computers mit der Sprühflasche zu bearbeiten. Seit den Tagen der ANSI-Kunst aber gehören die Stilmittel der Mauermaler dennoch zum festen Bestand der Netzkunst. Die Stammadresse lautet www.graffiti.org. Dahinter steckt die legendäre Website „Art Crimes“, die sich inzwischen zu einem wahren Netzwerk ausgeweitet hat. Beim Wiener Institut für Graffitiforschung sind unter graffiti.netbase.org/index.htm nicht nur prächtige Galerien mit Meisterstücken des Genres zu sehen. Hier kommt auch die Wissenschaft zu Wort, die natürlich noch ganz andere als bloß ästhetische Fragen behandeln muss. Als Graffiti gelten hier nämlich auch schlichte Klosprüche. Dass die Unterschiede zwischen Männern und Frauen in dieser Zone des Alltags besonders auffällig sind, kann wohl nicht überraschen. Als widerlegt gelten darf aber die noch in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts ernsthaft vertretene These, dass Frauen auf dem Klo überhaupt keine sexuellen Graffiti hinterlassen.niklaus@taz.de