Das Wolkenkuckucksheim

Im virtuellen Tower of Power über dem Reichstagsgebäude sind noch einige Zimmer frei. Gestern war im Beisein von Rainer Eppelmann und Cem Özdemir der erste „Spatenstich“

Über dem Reichstag sind noch Zimmer frei. Der Künstler Hermann Josef Hack will mit Hilfe einer engagierten Öffentlichkeit ein virtuelles Hochhaus über dem Sitz des deutschen Bundestages schaffen.

Gestern wurde das Projekt vom Künstler im Beisein der Politiker Rainer Eppelmann (CDU), Cem Özdemir und Grietje Bettin (beide Grüne) „freigeschaltet“. Dabei kam es zu dem Enthüllen eines Baustellenschildes („Hier baut das Volk“) und einem symbolischen Spatenstich vor dem Reichstagsgebäude.

Im so genannten Tower of Power kann sich nun jeder ein Zimmer nehmen. Voraussetzungen sind gegenseitiger Respekt, Toleranz und eigene Phantasie. Es soll eine Auseinandersetzung mit demokratischen Werten unter den Bedingungen des Cyberspace möglich werden. Der 44-jährige Künstler meint: „Die Bewohner müssen sich eigene Gedanken machen und ihren politischen Willen ausdrücken.“

Geschehen wird das mit Hilfe des Internets: Via www.metropolis.de/tower-of-power kann man in das virtuelle Gebäude ein- und politisch Stellung beziehen. Chaträume, Diskussionsforen, eigene Homepages sowie Angebote des Künstlers oder teilnehmender Politiker sollen Interesse erzeugen.

„Der Tower of Power ist als offenes virtuelles Gebäude eine zeitgemäße Kommunikationsform“, meint Hack. Es geht ihm um die Verbindung von Kreativität und sozialer Verantwortung: Im optimalen Fall kann das ständig wachsende Bauwerk politischen Kommunikations- und Meinungsbildungsprozessen neue Perspektiven bieten.

Dafür ist auch ein besonderes Engagement der Politiker gefordert, welche bei dem Projekt herzlich willkommen sind. Diese sollen „sich mit den real geäußerten Problemen der Bewohner auseinander setzen“, meint der Künstler. Unterstützung erfährt das Projekt bereits von Rainer Eppelmann: „In einer Demokratie müssen Bürger und Politiker miteinander reden.“ Es handele sich um eine nachdenkenswerte Aktion, die Bürgernähe schaffen könne. Der Initiator Hack möchte die Erwartungen jedoch nicht zu hoch schrauben: „Es besteht aber zumindest die Chance, dass eine Gemeinschaft von unten entstehen kann, welche gleichzeitig offen für Menschen aller Nationen ist.“

Im Internet sind die ersten Bewohner eingezogen. Nun muss sich zeigen, ob die Ideen des Künstlers auch gelebt werden.

JÖRG STREICHERT