Oper + Oper = Oper

Kultursenator Christoph Stölzl will die Staatsoper und die Deutsche Oper zusammenführen. Bei den „Berliner Opernbühnen“ sollen 172 Stellen überwiegend im künstlerischen Bereich wegfallen

von RALPH BOLLMANN

Elf Jahre nach dem Fall der Mauer sollen die beiden großen Opernhäuser in Ost und West unter ein gemeinsames Dach. Kultursenator Christoph Stölzl (parteilos) kündigte gestern an, er wolle die Staatsoper Unter den Linden und die Deutsche Oper an der Bismarckstraße unter dem Namen „Berliner Opernbühnen“ in einer gemeinsam Anstalt des öffentlichen Rechts zusammenführen. Dabei will Stölzl 172 Stellen überwiegend im künstlerischen Bereich streichen und dadurch rund 20 Millionen Mark jährlich einsparen. Das dritte Haus, die kleinere Komische Oper, soll zwar selbständig bleiben, aber noch weniger Geld erhalten als bisher.

Den größten Einschnitt soll es im Bereich der Orchester geben. Stölzl will die beiden Klangkörper der fusionierten Häuser von 266 auf zusammen nur noch 195 Musiker reduziern. Sie sollen formal selbständig bleiben, sich aber gegenseitig helfen. Für den Fall, dass sich die Gewerkschaft einer solchen Lösung verweigert, droht der Senator damit, auch die Orchester zusammenzulegen.

Anders als bisher sollen sich die drei Häuser in ihrer Programmpolitik künftig scharf voneinander abgrenzen. Die großen Opern des 19. Jahrhunderts, allen voran Wagner, sollen allein in der Deutschen Oper an der Charlottenburger Bismarckstraße aufgeführt werden. An der wesentlich kleineren Staatsoper Unter den Linden werden nach Stölzls Konzept vornehmlich Barock und Belcanto zu hören sein. Die Komische Oper soll nach Stölzls Vorstellungen ihre jüngsten Ausflüge ins Monumentale vergessen und die „Intimität des Ortes“ zur Richtschnur der Repertoireauswahl machen – mit einem besonderen Augemerk auf „junge Sängerdarsteller“ und „neue, im Glücksfall auch revolutionäre Regie-Konzepte“.

Stölzl ließ gestern allerdings offen, welche Personen dieses Konzept umsetzen sollen. In der schriftlichen Version des Konzeptpapiers wird zwar „eine Überprüfung bestehender Verträge bezogen auf Personalentscheidungen“ verlangt. Mündlich betonte der Senator allerdings, er wolle an bestehenden Verträgen festhalten. So solle der designierte Intendant der Deutschen Oper, Udo Zimmermann, sein Amt wie geplant im nächsten Sommer antreten. Ob er dann auch der neue Generalintendant der „Berliner Opernbühnen“ werde, sei noch nicht entschieden. Für die beiden Orchester werde es aller Voraussicht nach zwei verschiedene Musikchefs geben.

Zur konkreten Umsetzung seines Konzepts äußerte sich Kultursenator Stölzl jedoch nur vage. Das Parlament müsse entscheiden, ob es die Reform wolle oder nicht.

Die Begeisterung der Sozialdemokraten hielt sich gestern allerdings in Grenzen. Der SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit bezeichnete es zwar als „mutigen Schritt, die Strukturreform im Opernbereich anzupacken“. Finanziell sei Stölzls Konzept allerdings „überhaupt noch nicht schlüssig“. Wowereit kritisierte dabei insbesondere, dass Stölzl – unter Einschluss künftiger Gehaltserhöhungen – für die Opern insgesamt sogar mehr Geld fordere als bisher.

Auch für die bündnisgrüne Kulturpolitikerin Alice Ströver, die schon seit Jahren Strukturreformen im Opernbereich fordert, erfüllt das Stölzl-Papier „in keiner Weise die Erwartungen“. Es sei unklar, wie unter einem einzigen Generalintendanten die unterschiedlichen Profile der Häuser sichergestellt werden sollten. Mit der Umwandlung in öffentlich-rechtliche Anstalten werde „ein weiterer teurer, bürokratischer Apparat aus Vorstand und Aufsichtsrat geschaffen“. DieKunst werde dabei auf der Strecke bleiben.